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Aortenklappeninsuffizienz

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Aortenklappeninsuffizienz

Eine Aortenklappeninsuffizienz bedeutet, dass die Aortenklappe während der Diastole nicht dicht hält, sodass Blut von der Aorta in den linken Ventrikel zurückströmt. Dies führt zu einer Volumenbelastung des linken Ventrikels während der Diastole. Die hämodynamischen Folgen einer Aortenklappeninsuffizienz hängen davon ab, ob sich der Zustand akut oder chronisch entwickelt hat.

Akute Aortenklappeninsuffizienz

Eine akute Aortenklappeninsuffizienz führt zu einer schnellen Volumenüberlastung des linken Ventrikels. Das schnelle Auftreten führt zu einem plötzlichen Anstieg des LVEDP (linksventrikulärer end-diastolischer Druck) und LAP (Druck im linken Vorhof). Der linke Ventrikel kompensiert die Belastung durch Erhöhung des Herzzeitvolumens (HZV). Dies wird erreicht, indem die Herzfrequenz erhöht und größere Schlagvolumina erzeugt werden. Wenn das Herzzeitvolumen nicht ausreichend gesteigert wird, führt dies zu folgenden Komplikationen:

  • Ein Lungenödem entwickelt sich aufgrund steigender LAP und LVEDP
  • Ein kardiogener Schock entsteht, wenn das Herzzeitvolumen unzureichend ist

Eine Aortenklappeninsuffizienz kann eine Myokardischämie verursachen, da das Herzzeitvolumen parallel zur steigenden Myokardbelastung (und damit steigendem Sauerstoffbedarf) abnimmt.

Die häufigsten Ursachen für eine akute Aortenklappeninsuffizienz sind eine Aortendissektion, Endokarditis und Trauma.

Chronische Aortenklappeninsuffizienz

Wenn sich die Aortenklappeninsuffizienz langsam fortschreitend entwickelt, passt sich der Ventrikel der Volumenbelastung an. Leider bedeutet die Anpassung, dass sich der linke Ventrikel dilatiert, was irreversible zelluläre und extrazelluläre Prozesse induziert. Diese führen letztendlich zur Herzinsuffizienz. Die Dilatation führt zunächst zu einem größeren diastolischen Volumen und einer erhöhten Compliance. Die Erhöhung der diastolischen Volumina erfordert, dass das Myokard hypertrophisch wird. Dilatation und Hypertrophie ermöglichen es dem Ventrikel, das Herzzeitvolumen aufrechtzuerhalten und den Druckanstieg im linken Ventrikel und linken Vorhof zu verhindern oder zu verringern.

Eine chronische Aortenklappeninsuffizienz führt zur Dilatation und Hypertrophie des linken Ventrikels.

Kardiales Remodeling

Die ventrikuläre Dilatation und Hypertrophie führen zu einem myokardialen Umbau und neurohormonellen Veränderungen, die die hämodynamische Situation weiter verschlechtern. Somit führt eine chronische Aortenklappeninsuffizienz allmählich zu einer Beeinträchtigung der Kontraktionsfunktion und der Entwicklung einer Myokardfibrose. Eine kontraktile Dysfunktion verschlimmert die Insuffizienz weiter (das Regurgitationsvolumen steigt). Mechanisch nimmt die Wandspannung (die Belastung einzelner Muskelfasern) zu, während sich die Kontraktionsfunktion verschlechtert.

Eine chronische Aortenklappeninsuffizienz führt auch zu einer Zunahme des LVEDP und LAP, was wiederum zu einer pulmonaler Hypertonie und Lungenödem führt.

Tabelle 1. Ursachen der Aortenklappeninsuffizienz
Bikuspide Aortenklappe
Rheumatische Herzerkrankung
Verkalkte Aortenklappen
Idiopathische Aortendilatation (Aneurysma)
Arterielle Hypertonie
Aortendissektion (proximal)
Marfan-Syndrom (kann auch eine Aortendissektion verursachen)
Trauma
Vaskulitiden, rheumatische Erkrankungen
Ehlers-Danlos-Syndrom (kann auch eine Aortendissektion verursachen)
Subaortenmembran
Endokarditis
Ursachen der Aortenklappeninsuffizienz

Echokardiographie bei Aortenklappeninsuffizienz

2D Echokardiographie

Die Ultraschallbilder werden im parasternalen Längsachsenschnitt und parasternalen Kurzachsenschnitt bei mit Zoom vergrößerter Klappe aufgenommen. Folgenden Parameter werden ausgewertet:

  • Können alle drei Klappentaschen sichtbar gemacht werden, oder liegt eine bikuspide Klappe vor?
  • Gibt es einen Taschen-Prolaps?
  • Gibt es Vegetationen an der Klappe?
  • Ist die Klappe verkalkt?
  • Ist die Aortenwurzel dilatiert?
  • Ist der linke Ventrikel dilatiert?
  • Ist der linke Ventrikel hypertrophisch?
  • Ist die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) normal?

Ein normalgroßer Ventrikel mit hyperdynamischer Kontraktilität deutet auf eine akute Aortenklappeninsuffizienz hin.

Der Schweregrad der Aortenklappeninsuffizienz kann anhand der folgenden Parameter bewertet werden:

Durchmesser des Insuffizienzjets

Der Durchmesser des Insuffizienzjets wird in der langen Achse gemessen und dann mit dem Durchmesser des LVOT verglichen. Ein Jet-Durchmesser von weniger als 25% des LVOT-Durchmessers deutet auf eine mäßige Aortenklappeninsuffizienz hin. Ein Jet-Durchmesser > 65% des LVOT-Durchmessers deutet auf eine schwere Aortenklappeninsuffizienz hin (Abbildung 1).

Abbildung 1. Durchmesser des Insuffizienzjets (Aortenklappeninsuffizienz).
Abbildung 1. Durchmesser des Insuffizienzjets (Aortenklappeninsuffizienz).

 Table 1. Einstufung der Aortenklappeninsuffizienz

SchweregradJet-Durchmesser/LVOT, %
Mild<24
Moderat25-45
Moderat-schwer46-64
Schwer> 65
Einstufung der Aortenklappeninsuffizienz

Vena contracta

Die Vena contracta wird ebenfalls in langer Achse mit gezoomter Aortenklappe gemessen (Abbildung 2). Die Vena contracta ist der engste Durchmesser des Jets und spiegelt die Regurgitationsfläche wider. Eine Vena contracta <0.3 cm deutet auf eine milde Aortenklappeninsuffizienz hin, während eine Vena contracta >0.6 cm hinweisend auf eine schwere Aortenklappeninsuffizienz ist.

Abbildung 2. Messung der Breite der Vena contracta bei Aortenklappeninsuffizienz.
Abbildung 2. Messung der Breite der Vena contracta bei Aortenklappeninsuffizienz.

Druckhalbwertszeit

Die Druckhalbwertszeit (engl. pressure half-time, PHT) ist definiert als die Zeit, die benötigt wird, bis der anfängliche maximale Druckgradient über der Aortenklappe während der Diastole um 50% abfällt. Der Rückgang des Druckgradienten erfolgt bei Patienten mit leichtgradiger Aortenklappeninsuffizienz langsam. Bei Patienten mit schwerer Aortenklappeninsuffizienz ist der Rückgang schnell (Abbildung 3, Tabelle 2). Die Druckhalbwertszeit wird mit kontinuierlichem Doppler in apikalen Schnittebenen (Dreikammer- oder Fünfkammerblick) gemessen.

Abbildung 3. Beurteilung des Schweregrads der Aortenklappeninsuffizienz anhand der Druckhalbwertszeit.
Abbildung 3. Beurteilung des Schweregrads der Aortenklappeninsuffizienz anhand der Druckhalbwertszeit.

Tabelle 2. Einstufung der Aortenklappeninsuffizienz

Druckhalbwertszeit (ms)
Mild>500 ms
Moderat500-349 ms
Moderat-schwer349-200 ms
Schwer< 200 ms
Einstufung der Aortenklappeninsuffizienz

Es ist wichtig anzumerken, dass der geschätzte Schweregrad der Aortenklappeninsuffizienz von den hämodynamischen Umständen abhängt; der Schweregrad wird bei Patienten mit einem signifikant erhöhten LVEDP überschätzt.

Diastolische Flussumkehr

Die Umkehrung des diastolischen Flusses kann mit Doppler-Aufnahmen im suprasternalen Schallfenster erkannt werden. Der pulsed-wave-Doppler wird entlang der Aorta ascendens oder descendens platziert (Abbildung 4). Das Doppler-Signal zeigt, ob es während der Diastole zu einer Flussumkehr in der Aorta kommt. Dieser Rückfluss wird als diastolische Flussumkehr (engl. reversing) bezeichnet.

Die Elastizität der Aorta hängt vom Alter ab. Junge Patienten haben eine hohe Compliance in der Aorta. Diese erzeugt während der Diastole einen Rückstoß (engl. recoil), der das Blut in retro- und antegrade Richtung drückt. Daher ist eine leichtgradige (physiologische) Flussumkehr bei jungen Menschen normal.

Eine pathologische Flussumkehr kann durch die Spektralkurve von einer phyiologischen Flussumkehr unterschieden werden. Die pathologische diastolische Flussumkehr besteht über die gesamten Diastole und hat in der Regel eine Geschwindigkeit von >20 cm/s am Ende der Diastole. Der Begriff holodiastolische Flussumkehr wird verwendet, um zu beschreiben, dass sich die Flussumkehr während der gesamten Diastole fortsetzt.

Abbildung 4. Umkehr des diastolischen Flusses bei Aortenklappeninsuffizienz.
Abbildung 4. Umkehr des diastolischen Flusses bei Aortenklappeninsuffizienz.

Einschätzung des Regurgitationsvolumen und der effektiven Regurgitationöffnungssfläche

Das Regurgitationsvolumen (Vregurg) kann mit folgenden drei Methoden berechnet werden.

Methode 1: Schlagvolumen

Gemäß der Kontinuitätsgleichung ist der Fluss über der Mitralklappe gleich dem Fluss über der Aortenklappe. Mit gepulstem Doppler kann das Volumen berechnet werden, das über die Aortenklappe (d.h. das Schlagvolumen) und über die Mitralklappe fließt. Die Differenz zwischen diesen beiden Volumina entspricht dem Regurgitationsvolumen (Vregurg). Das Schlagvolumen an der Aortenklappe (SVAorta) entspricht dem Blutvolumen, das in anterograder Richtung durch die Aortenklappe fließt, abzüglich des Volumens, das während der Diastole zurückläuft. Dieses Volumen kann nach folgender Formel berechnet werden:

SVAorta = FlächeLVOT × VTILVOT

Das Blutvolumen, das über die Mitralklappe fließt, entspricht dem anterograden Schlagvolumen über der Klappe (SVMitral):

SVMitral = FlächeMitralklappe × VTIMitralklappe

Somit kann das Regurgitationsvolumen (Vregurg) wie folgt berechnet werden:

Vregurg = SVAorta – SVMitral

Diese Formel darf nicht bei einer Mitralklappeninsuffizienz verwendet werden.

Es ist auch möglich, SVAorta mit folgender Formel zu berechnen:

SVaorta = LVEDV – LVESV
(Simpson’s method)
LVEDV = Left ventricular end-diastolic volume; LVESV = left ventricular end-systolic volume

Methode 2: PISA (Proximal Isovelocity Surface Area)

Das Regurgitationsvolumen ist das Produkt aus effektiver Regurgitationsöffnungsfläche (engl. effective regurgitant orifice area, EROA) und des Insuffizienzjet-VTI:

VRegurg = EROA × VTIAI-Jet

EROA ist die effektive Regurgitationsfläche und wird unter Verwendung der PISA (Proximal Isovelocity Surface Area) berechnet. Die PISA ist der Halbkreis, der mit dem Farbdoppler visualisiert wird. Sie sollte sorgfältig gemessen werden, was das Vergrößern des Bereichs mit Zoom und die Minimierung des Farbsektors erfordert, um die Auflösung zu erhöhen (höhere Bildrate). Wenn die Insuffizienz schräg gerichtet ist, sollte eine parasternale Schnittebene für die Messung verwendet werden. Wenn die Insuffizienz zentral gerichtet ist, sollte eine apikale Schnittebene verwendet werden. Die Doppler-Grundlinie (Nyquist-Grenze) sollte angepasst werden, um das Bild zu optimieren. Folgende Messungen werden durchgeführt:

  1. rPISA (PISA-Radius)
  2. vmax AI (maximale Geschwindigkeit der Insuffizienz, gemessen mit kontinuierlichem Doppler)
  3. VTIAI-Jet

Berechnung der EROA:

PISA = 2𝛑 × rPISA2

EROA = PISA × valiasing / vmax AI

Wenn das Regurgitationsvolumen (Vregurg) bereits berechnet wurde, kann EROA mit der folgenden Formel ermittelt werden:

EROA = Vregurg / VTIAI-Jet

Einstufung der Insuffizienz mit EROA

Eine EROA <0.1 cm2 deutet auf eine milde Aortenklappeninsuffizienz hin. Wenn die EROA >0,3 cm2 beträgt, ist die Insuffizienz schwerwiegend.

Einstufung der Insuffizienz mit Vregurg

Ein Regurgitationsvolumen <30 ml/Schlag bedeutet, dass die Aortenklappeninsuffizienz moderat ist. Ein Regurgitationsvolumen >60 ml/Schlag wird als schwere Aortenklappeninsuffizienz eingestuft.

Methode 3: Regurgitationsfraktion (Fregurg)

Regurgitationsfraktion (Fregurg) ist der Anteil des Blutes, der zurück in den Ventrikel fließt. Sie wird nach folgender Formel berechnet:

Fregurg = Vregurg / SVAorta

SVAorta = FlächeLVOT x VTILVOT

  • Eine Regurgitationsfraktion < 30% weist auf eine moderate Aortenklappeninsuffizienz hin
  • Eine Regurgitationsfraktion > 50% weist auf eine schwere Aortenklappeninsuffizienz hin

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