Das Bernoulli-Prinzip und die Messungen von Druckgradienten
Das Bernoulli-Prinzip und Messungen von Druckgradienten mittels Doppler-Messungen
Continuous-wave-Doppler (cw-Doppler) und pulsed-wave-Doppler (pw-Doppler) können die Geschwindigkeit von Erythrozyten messen, während diese sich durch Herz und Gefäße bewegen. Die Geschwindigkeit von Erythrozyten (d.h. des Blutes) kann verwendet werden, um Druckgradienten (Druckunterschiede) zwischen den Vorhöfen, Ventrikeln und verbindenden Gefäßen abzuschätzen. Die Schätzung der Druckgradienten erfolgt mithilfe des Bernoulli-Prinzips. Das Bernoulli-Prinzip basiert auf dem Energieerhaltungssatz. Dieser besagt, dass die Gesamtenergie eines isolierten Systems im Zeitverlauf konstant bleibt. Energie kann weder erzeugt noch zerstört werden, sie kann nur von einer Form in eine andere umgewandelt oder übertragen werden. Blut, das durch das Herz und die Gefäße fließt, unterliegt dem Gesetz der Energieerhaltung. Daraus folgt, dass die Summe der kinetischen Energie (K) und der Druckenergie (P) des Blutes in zwei separaten Punkten des Systems gleich sein muss (Abbildung 1).
Nach dem Bernoulli-Prinzip ist die Summe aus kinetischer Energie (K) und Druckenergie (P) konstant, wenn Blut durch das Kreislaufsystem fließt. Dieser Zusammenhang der Konstanz von kinetischer Energie und Druckenergie an zwei separaten Punkten kann wie folgt formuliert werden:
Formel 1:
P1 + K1 = P2 + K2
Kinetische Energie (K) ist eine Funktion der Geschwindigkeit (v) und Dichte (D) der Flüssigkeit:
Formel 2:
K = 0.5 • Dblut • v2
Im Bezug auf die Echokardiographie und Ultraschallbildgebung im Allgemeinen beschreibt v die maximale Geschwindigkeit, die mit dem Doppler gemessen wird. Der erste Teil der Formel (0,5 • Dblut) kann näherungsweise als 4 angesehen werden, was bedeutet, dass Formel 2 wie folgt umgeschrieben werden kann:
Formel 3:
K = 4v2
Die Formel 1 kann somit wie folgt umformuliert werden:
Formel 4:
P1 + 4v12 = P2 + 4v22
Der Druckunterschied ist dann folglich:
Formel 5:
P1 – P2 = 4v22 – 4v12
Dies kann umformuliert werden zu:
Formel 6:
ΔP = 4(v22 – v12)
Diese Formel eignet sich hervorragend für die Messung von Druckgradienten in kleinen Öffnungen wie den Herzklappen. Von Bedeutung ist, dass bei Klappenstenosen- oder insuffizienzen die proximale Geschwindigkeit (v1) im Vergleich zur distalen Geschwindigkeit (v2) sehr gering ist und dieser Unterschied durch die Quadratur der Geschwindigkeiten noch größer wird. Somit kann v1 ignoriert werden, was zu der vereinfachten Bernoulli-Gleichung führt:
Formel 7:
ΔP = 4v22
Diese Gleichung wird auch als modifizierte Bernoulli-Gleichung bezeichnet. ΔP ist der Druckgradient (mmHg) über der Herzklappe.
Beispiel 1: Eine maximale Geschwindigkeit von 4 m/s wird über der Aortenklappe gemessen. Der Druckgradient entspricht:
4 · 42 = 64 mmHg
Der Druckgradient zwischen dem linker Ventrikel und der Aorta beträgt 64 mmHg.
Das Bernoulli-Prinzip kann verwendet werden, um Druckgradienten über Klappenstenosen und -insuffizienzen zu berechnen. Die Gleichung ist unabhängig von der Richtung des Blutflusses; sie misst lediglich den Druckgradienten über einer kleinen Öffnung. Nach dem Bernoulli-Prinzip hängt der Fluss durch die Öffnung vom vorherrschenden Druckgradienten ab.
Beispiel 2: Eine maximale Geschwindigkeit von 3 m/s wird über der Trikuspidalklappe gemessen. Der Druckgradient entspricht:
4·32 = 36 mmHg.
Der Druckgradient zwischen dem rechten Ventrikel und dem rechten Vorhof beträgt 36 mmHg.
Nachteile der Bernoulli-Gleichung
Die Bernoulli-Gleichung ist in hohem Maße von der Genauigkeit der Doppler-Messung abhängig. Der Doppler-Strahl muss parallel zur Richtung des Blutflusses sein (siehe Doppler-Gleichung). Jeder Winkelfehler zwischen dem Doppler-Strahl und dem Blutfluss führt zu einer Unterschätzung der Geschwindigkeit. In der klinischen Praxis sind Winkelfehler unter 15° akzeptabel (cos 15° = 0,97). Die Geschwindigkeit bei v2 hat bei einem Winkelfehler von 15° einen Berechnungsfehler von etwa 6%.
Es gibt Situationen, in denen v1 (proximale Geschwindigkeit) nicht ignoriert werden kann. Die häufigste Situation ist die Beurteilung der Aortenklappenstenose bei Vorliegen einer Verengung des linksventrikulären Ausflusstrakts (LVOT). Solche Verengungen können zum Beispiel durch eine Septumhypertrophie oder eine subaortale Membran entstehen (Abbildung 2).