Mitralklappenstenose
Die Mitralklappe trennt den linken Vorhof vom linken Ventrikel. Die Klappe ist am Mitralannulus befestigt, der kontinuierlich mit dem Annulus Fibrosus (Faserring) ist. Die Mitralklappe hat ein anteriores Segel und ein posteriores Segel. Das vordere Segel hat eine halbkreisförmige Form und ist fest mit zwei Fünfteln des Mitralannulusumfangs verbunden. Der aorto-mitrale Vorhang trennt die Aortenklappe und das vordere Segel der Mitralklappe. Das vordere Segel ist anatomisch in drei Segmente unterteilt, die als A1 (anteriores Segment), A2 (mittleres Segment) und A3 (posteriores Segment) bezeichnet werden (Abbildung 1). Die posteriore Segel der Mitralklappe hat eine Halbmondform und ist an drei Fünftel des Mitralannulusumfangs befestigt. Die posteriore Segel hat in der Regel zwei verschiedene Vertiefungen, die es in drei Segmente teilen, P1 (vorderes oder mediales Segment), P2 (mittleres Segment) und P3 (hinteres oder laterales Segment).
Die Segel sind über Chordae tendineae mit den Papillarmuskeln verbunden (Abbildung 1). Der anterolaterale Papillarmuskel wird vom Ramus interventricularis anterior (RIVA bzw. LAD) und dem Ramus circumflexus (LCX) mit Blut versorgt, während der posteromediale Papillarmuskel von der LCX oder der rechten Koronararterie (RCA) erhält. Einzelheiten dazu sind im Kapitel über Koronararterien beschrieben.
Mitralklappenerkrankungen
Eine Vielzahl von Krankheitszuständen kann eine Mitralklappenerkrankung verursachen, die zu Veränderungen der Druck-Volumen-Beziehungen im Ventrikel und im Vorhof führt. Eine Druck- und/oder Volumenbelastung bewirkt eine kompensatorische Dilatation des Ventrikels und/oder des Vorhofs. Die Dilatation kann auch zu einer Dilatation des Mitralannulus führen, wodurch die Koaptation der Segel beeinträchtigt wird und somit eine Mitralklappeninsuffizienz entsteht. Der Begriff Koaptation wird verwendet, um zu beschreiben, wie gut sich die Klappensegel zusammenfügen und die Klappe während der Systole dicht verschließen. Eine schlechte Koaptation führt zu einer Insuffizienz.
Mitralklappenstenose
Die Mitralklappenstenose ist definiert als eine Verengung der Mitralklappenöffnung. Es gibt viele Ursachen für eine Mitralklappenstenose, von denen die häufigsten die rheumatische Herzerkrankung, angeborene Fehlbildungen, Bestrahlung, Metastasen, Myxome, Herzthromben usw. sind (Tabelle 1).
Die meisten Ursachen einer Mitralklappenstenose führen zu einer fortschreitenden Verengung der Mitralklappe. Die Mitralklappenstenose ist eine langsam fortschreitende Erkrankung, die schließlich eine Herzinsuffizienz verursacht. Die Mitralklappenstenose wird in der Regel in Ruhe symptomatisch, wenn sich die Klappenfläche auf 1,5 cm2 reduziert. Während körperlicher Anstrengung kann eine Mitralklappenstenose bereits bei einer Klappenfläche von 2,5 cm2 symptomatisch werden. Eine normale Mitralklappe hat eine Klappenfläche von 4 bis 6 cm2. Eine Klappenfläche von <1 cm2 weist auf eine schwere Mitralklappenstenose hin.
Tabelle 1. Ursachen der Mitralklappenstenose |
Rheumatische Herzerkrankung |
Angeborene Mitralklappenstenose |
Verkalkung der Mitralklappe |
Bestrahlung (Strahlentherpie) |
Mucopolysaccharidose |
Karzinoid-Tumor |
Systemischer Lupus erythematodes (SLE) |
Rheumatoide Arthritis (RA) |
Iatrogene Stenose nach Mitralklappenoperation |
Myxom, welches den Abfluss aus dem linken Vorhof behindert |
Vorhofthrombus, welcher den Abfluss aus dem linken Vorhof behindert |
Endokarditis |
Hämodynamische Folgen einer Mitralklappenstenose
Eine Mitralklappenstenose behindert die atriale Entleerung. Dies führt zu einem Anstieg des Drucks im linken Vorhof, was allmählich zu einer Vorhofhypertrophie und -dilatation verursacht. Eine Vorhofdilatation führt zu einem signifikant erhöhten Risiko für Vorhofflimmern. Der Druckanstieg im linken Vorhof kann sich auch rückwärts in den Lungenkreislauf stauen und eine pulmonale Hypertonie (PH) verursachen. Die pulmonale Hypertonie kann sich wiederum rückwärts in den rechten Ventrikel und rechten Vorhof übertragen, was zu Hypertrophie und Dilatation des rechten Herzens sowie letztendlich zu einer Rechtsherzinsuffizienz führt.
Echokardiographie bei Mitralklappenstenose
Die echokardiographische Beurteilung der Mitralklappenstenose umfasst die visuelle Beurteilung, 2D-Messungen sowie Doppler-Messungen zur Beurteilung des Stenosegrades und eventueller Komplikationen.
Visuelle Beurteilung in 2D
- Ist die Mitralklappe normal, verdickt, verkalkt? Gibt es Vegetationen?
- Bewegen sich beide Segel normal?
- Kommst es während der Diastole zum leaflet doming (kuppelförmige Stellung der Segel)?
- Sind die Chordae tendineae erkennbar? Sind die Sehnenfäden verkalkt oder verschmolzen?
Einstufung der Mitralklappenstenose
Der Schweregrad der Mitralklappenstenose wird anhand der Klappenfläche und des Druckgradienten über der Klappe klassifiziert. Tabelle 2 enthält Kriterien für die Einstufung des Schweregrads der Erkrankung. Die erforderlichen Messungen und Techniken werden nachstehend erläutert.
Tabelle 2. Kriterien für die echokardiographische Diagnose des Schweregrads der Mitralstenose
Mild | Moderat | Schwer | |
---|---|---|---|
Mittlerer Druckgradient | <5 mm Hg | 6–10 mm Hg | >10 mm Hg |
Druckhalbwertszeit | <139 ms | 140–219 ms | ≥220 ms |
Klappenöffnungsfläche | 1.6–2.0 cm2 | 1.5–1.0 cm2 | <1.0 cm2 |
Berechnung der Klappenöffnungsfläche
Die Klappenöffnungsfläche ist ein Schlüsselparameter bei der Beurteilung der Schwere der Erkrankung. Je kleiner die Klappenöffnung ist, desto ausgeprägter ist die Stenose. Es gibt drei Methoden zur Berechnung der Klappenfläche.
Methode 1: Direkte Messung der Klappenfläche in der parasternalen kurzen Achse
Die Klappenöffnungsfläche kann während der Diastole direkt im parasternalen Kurzachsenschnitt gemessen werden. Der Ultraschallstrahl sollte so positioniert sein, dass er die Segelspitzen schneidet, da sonst die Klappenfläche überschätzt werden kann (Abbildung 2).
Methode 2: Druckhalbwertszeit
Unter Verwendung des kontinuierlichen Dopplers, der in der Mitralklappe platziert ist, wird die Druckhalbwertszeit (engl. pressure half-time, PHT) der E-Welle gemessen. Die PHT ist die Zeit, die benötigt wird, bis sich der Druckunterschied zwischen den Vorhöfen und Ventrikeln halbiert. Tabelle 2 enthält Einstufungskriterien für die PHT. Die Mitralklappenfläche (engl. mitral valve area, MVA) kann nach folgender Formel abgeschätzt werden:
MVA = 220/PHT
Die gleiche Doppler-Messung wird verwendet, um den mittleren Druckgradienten über die Mitralklappe (ΔP, mmHg) zu berechnen. Es ist zu beachten, dass die Formel nicht bei Prothesenklappen, Vorhofseptumdefekten, schwerer Aortenklappeninsuffizienz oder sehr hohem linksventrikulären Füllungsdruck verwendet werden kann.
Methode 3: Die Kontinuitätsgleichung
Gemäß der Kontinuitätsgleichung muss die Menge an Blut, die während der Diastole durch die Mitralklappe fließt, dem Volumen entsprechen, das während der Systole durch den LVOT fließt. Daher kann MVA wie folgt berechnet werden:
MVA = 𝛑 × (DLVOT/2)2 × (VTILVOT/VTImitral)
D = Durchmesser in cm.
VTILVOT gemessen mit gepulstem Doppler im LVOT.
VTImitral gemessen with kontinuierlichem Doppler in der Mitralklappe.
Die obrige Formel sollte nicht bei Vorhofflimmern, signifikanter Mitralklappeninsuffizienz oder Aortenklappeninsuffizienz verwendet werden.
Mittlerer und maximaler Druckgradient über der Mitralklappe
Der mittlere Druckgradient (Druckdifferenz) und der maximale Druckgradient werden mit kontinuierlichem Doppler durch die Mitralklappe berechnet (apikaler Blick). Der maximale Druckgradient wird anhand der maximalen Geschwindigkeit und der vereinfachten Bernoulli-Gleichung wie folgt berechnet:
ΔPmax = 4vmax2
Der mittlere Druckgradient (ΔPmean) spiegelt die mittlere Druckdifferenz zwischen linkem Vorhof und Ventrikel während der Diastole wider und wird mit dem erhaltenen VTI berechnet. Es ist zu beachten, dass der mittlere Druckgradient durch Herzfrequenz, Füllungszeit, Herzzeitvolumen und Mitralklappeninsuffizienz (falls vorhanden) beeinflusst wird. Die Herzfrequenz sollte immer notiert werden.
Pulmonalarteriendruck
Der Pulmonalarteriendruck (engl. pulmonary artery systolic pressure, PASP) und der mittlere Pulmonalarteriendruck (engl. mean pulmonary arterial pressure, MPA) sollten gemessen werden.
Wenn der Patient Vorhofflimmern hat, sollten die Messungen von Parametern über 5 aufeinanderfolgenden Herzzyklen durchgeführt und die Mittelwerte für anschließenden Berechnungen verwendet werden.
Zusätzlich zu den oben genannten Parametern sollte auch die Größe des linken Vorhofs gemessen werden, um zu klären, ob der Vorhof erweitert ist.