Perikarderkrankungen: Erguss und Tamponade
Eine lange Reihe von Krankheitszuständen können das Perikard (Herzbeutel) betreffen. Die häufigsten sind die akute Perikarditis (Perimyokarditis), die konstriktive Perikarditis, der Perikarderguss und die Herzbeuteltamponade. Seltener sind Zysten und Tumore des Perikards sowie angeborene Fehlbildungen, die zu einem unvollständigen oder fehlenden Perikard führen. Bei Verdacht auf eine Perikarderkrankung ist es wichtig, eine sorgfältige Untersuchung durchzuführen, da mehrere Krankheitszustände die Hämodynamik beeinflussen können und die zugrunde liegende Ursache häufig schwerwiegend ist (z.B. Malignität, Amyloidose).
Bei Verdacht auf eine Perikarderkrankung wird zunächst eine echokardiographische Untersuchung durchgeführt. Mit der Echokardiographie kann das Perikard, seine Umgebung, das Myokard und die Klappen visualisiert werden. Bei allen Patienten mit Verdacht auf eine Perikarderkrankung wird ein EKG aufgezeichnet. Neben Echokardiographie, EKG und klinischer Untersuchung sind normalerweise auch Blutuntersuchungen und andere radiologische Verfahren (insbesondere Computertomographie (CT) und/oder Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich.
Anatomie des Perikards
Das Perikard besteht aus einer parietalen Schicht und einer viszeralen Schicht. Die parietale Schicht ist 2 mm dick, reich an Bindegewebe und umhüllt das gesamte Herz und die Abgänge der größeren Gefäße. Die viszerale Schicht besteht aus Mesothelzellen, Kollagen und Elastin und ist mit dem Myokard verschmolzen. Bei den Abgängen der größeren Gefäße schlägt die viszerale Schicht um und geht in die parietale Schicht über. Zwischen den viszeralen und parietalen Schichten befindet sich die Perikardhöhle, die Perikardflüssigkeit enthält. Diese Flüssigkeit wird von den Mesothelzellen produziert und besteht aus 25-50 ml seröser Flüssigkeit.
Funktion des Perikards
Es wird angenommen, dass das Perikard mehrere Funktionen hat, obwohl es entfernt werden kann, ohne die Herzfunktion oder die Hämodynamik zu beeinträchtigen. Folgenden Funktionen werden dem Perikard zugeschrieben:
- Das Perikard dient als Barriere für Infektionen
- Das Perikard reduziert die Reibung zwischen den Ventrikeln und den umgebenden Strukturen des Mediastinums. Die Reibung wird reduziert, da die Flüssigkeit im Perikardbeutel (Perikardflüssigkeit) die Reibung zwischen den Ventrikeln und den umgebenden Strukturen verringert
- Das Perikard bietet eine gewisse Fixierung des Herzens im Mediastinum. Das Herz wird an den größeren Gefäßen und dem Zwerchfell fixiert, was die Position des Herzens stabilisiert
- Die parietale Schicht begrenzt die Volumenfüllung der Kammern. Bei normalen Füllungsvolumina ist das Perikard sehr nachgiebig und ermöglicht somit eine schnelle ventrikuläre Füllung. Bei ausgeprägter Kammerausdehnung wird das Perikard unelastisch und starr, was die Ausdehnung begrenzt. Somit begrenzt das Perikard die Kammerfüllung, wenn die Volumina zu groß werden. Es wird daher davon ausgegangen, dass das Perikard dazu beiträgt, dass die Ventrikel bei akuter Volumenbelastung nicht überfüllt werden.
Perikarderguss: Flüssigkeit in der Perikardhöhle
Normalerweise enthält der Perikardbeutel 25 bis 50 ml Flüssigkeit. Dieses Volumen ist so klein, dass die Perikardhöhle normalerweise im Ultraschall nicht sichtbar ist (alternativ sind einige Millimeter Perikardraum zu sehen). Wenn die Flüssigkeitsmenge in der Perikardhöhle 50 ml übersteigt, liegt ein Erguss vor, welcher als pathologisch angesehen wird. Der Erguss ist in der Regel echoluzent (echoarm), kann jedoch je nach Ätiologie mehr oder weniger echogen sein. Es ist wichtig, das Volumen, die Echogenität und die Lage des Ergusses abzuschätzen.
In Bezug auf die Lage kann ein Erguss generell (zirkumferentiell) oder lokalisiert (in einem bestimmten Bereich) sein. Der Erguss kann aus seröser Flüssigkeit (Transudat), proteinreicher Flüssigkeit (Exsudat) bis zu reinem Blut (Exsudat) bestehen.
Oft ist ein Perikarderguss ein Zufallsbefund (z.B. im CT, MRT oder in der Echokardiographie). In anderen Fällen wird der Erguss unter dramatischeren Umständen entdeckt, wie dies beispielsweise bei akuter Perikarditis oder einer Herzbeuteltamponade der Fall ist. Ein Perikarderguss ist bei akuter Perikarditis allerdings nicht obligatorisch.
Ursachen eines perikardialen Ergusses
Eine Vielzahl von Herzerkrankungen und systemischen Erkrankungen können einen Perikarderguss verursachen. Trotz sorgfältiger Untersuchungen bleibt ein erheblicher Teil aller Ergüsse als idiopathisch klassifiziert, was bedeutet, dass die Ätiologie unbekannt ist. Malignität ist eine häufige Ursache für einen Perikarderguss.
TABELLE 1. Ursachen eines Perikardergusses
Ätiologie | Kommentar |
Myokardinfarkt mit Ventrikelruptur | Ruptur der Ventrikelwand führt zu einem Hämoperikard und Herzbeuteltamponade |
Dressler-Syndrom | Bei Myokardschäden (z.B. Myokardinfarkt) kann eine ausgeprägte Entzündung das Perikard involvieren, mit Perikardergüssen als Folge. |
Infektionen | |
Niereninsuffizienz | |
Hypothyreose | |
Malignität | |
Amyloidose | |
SLE | |
Rheumatoide Arthritis | |
Vaskulitis | |
Zustand nach Perikardiotomie | |
Komplikationen von invasiven Untersuchungen und Behandlungen (Schrittmacher, ICD, CRT, Ablation, Katheter, elektrophysiologische Untersuchungen) | |
Trauma des Brustkorbs | |
Bestrahlung des Mediastinums | |
Blutung | Meistens eine Folge einer antikoagulativen Therapie |
Klinische Merkmale eines Perikardergusses
Ein Perikarderguss kann asymptomatisch bis sofort tödlich verlaufen. Es besteht eine starke Korrelation zwischen dem Ausmaß des Perikardergusses und den hämodynamischen Folgen. Eine Herzbeuteltamponade (Herztamponade) bedeutet, dass der Erguss so ausgeprägt ist, dass sich das Herz in der Flüssigkeit herumbewegt. Im Falle einer Herbbeuteltamponade ergeben sich in der Regel hämodynamische Folgen, die die Pumpfunktion beeinflussen und zu Hypotonie und Asystolie führen können (siehe unten).
Echokardiographische Befunde bei einem Perikarderguss
Die Echokardiographie ermöglicht es, hämodynamische Folgen des Ergusses zu beurteilen sowie dessen Lage und Volumen zu beurteilen. In Bezug auf das Ergussvolumen wird eine grobe Einschätzung gemäß Tabelle 2 vorgenommen (Messungen werden am Ende der Diastole durchgeführt).
Tabelle 2. Einstufung eines Perikardergusses
GRADE | Ergussbreite |
Sehr klein | <0,5 cm |
Klein | 0,5 — 1,0 cm |
Moderat | 1,0 — 2,0 cm |
Groß | > 2,0 cm |
Sehr groß | > 2,5 |
In den meisten Fällen ist der Erguss zirkumferentiell, was bedeutet, dass er das gesamte Herz umhüllt. Wenn der Erguss nur an bestimmten Stellen zu sehen ist, wird er als lokalisiert bezeichnet, was ungewöhnlicher ist.
Stellenweise echodichte Strukturen im Erguss weisen darauf hin, dass dieser geronnenes Blut enthält. Blut im Perikard wird als Hämoperikard bezeichnet und ist normalerweise nach Herzoperationen, Traumata und invasiven Eingriffen zu sehen. Ein spontanes Hämoperikard kann bei akutem Myokardinfarkt und Aortendissektionen auftreten. Ein Hämoperikard hat größere hämodynamische Folgen, da das Blut koaguliert und sich verfestigt. Das kann die Ventrikel komprimieren und deren Füllung verhindern.
Herztamponade und elektrischer Alternans
Bei massiven Ergüssen zeigt das Ultraschallbild ein Herz, das im Erguss herumgleitet. Da sich das Herz im Perikardbeutel herumbewegt, variiert der Abstand zwischen dem Herz und den Thoraxelektroden, was zu unterschiedlichen QRS-Amplituden in den Brustwandableitungen führt. Dieser EKG-Befund wird als elektrischer Alternans bezeichnet.
Wenn durch einen massiven Erguss der Druck im Perikardbeutel erhöht ist, wird die Füllung der Ventrikel erschwert, was zu einer akuten und potenziell lebensbedrohlichen Herzinsuffizienz führt. Dies nennt man Herzbeuteltamponade (Herztamponade). Ergüsse, die sich schnell entwickelt haben, weisen tendenziell größere hämodynamische Effekte auf. Ein relativ kleiner Erguss, der schnell zugenommen hat, kann einen größeren hämodynamischen Effekt haben als ein großer Erguss, der sich langsam entwickelt hat. Daher ist es wichtig, dass man versucht festzustellen, wie schnell sich der Erguss entwickelt hat.
Bei Verdacht auf eine akute Ätiologie des Ergusses (ventrikuläre Ruptur, Aortendissektion, Trauma) sollte umgehend eine Behandlung eingeleitet werden, da der Erguss wahrscheinlich hämodynamische Folgen hat, die voraussichtlich zunehmen. Dies liegt daran, dass akute Ergüsse durch eine Erweiterung des Perikards nicht kompensiert werden können. Wie oben erwähnt begrenzt das Perikard die Ausdehnung der Ventrikel, wodurch ein akuter Erguss zu einem raschen Druckanstieg im Perikardbeutel führt. Wenn sich der Erguss jedoch langsam entwickelt (systemische Erkrankungen, Malignität usw.), kann das Perikard allmählich aufgedehnt werden, wodurch größere Ergüsse (manchmal > 2 Liter) ohne hämodynamische Folgen auftreten können.
Im Falle einer Tamponade können die Ventrikel und Vorhöfe kollabieren, wenn der Druck im Perikard den Druck in der entsprechenden Herzhöhle übersteigt. Der niedrigste Druck besteht im rechten Vorhof, weshalb der rechte Vorhof bei einer Herzbeuteltamponade als erstes kollabiert. Der Kollaps ist definiert als die Einbeulung der rechten Vorhofwand (nach innen) während der Diastole. Bei höherem Druck im Perikard kann sogar der rechte Ventrikel während der Diastole kollabieren.
Ein Kollaps des linken Vorhofs kommt ebenfalls vor, wohingegen ein Kollaps des linken Ventrikel selten ist, da der Druck im linken Ventrikel im Vergleich zum Druck im Perikard hoch ist. Traumata und iatrogene Ursachen der Herzbeuteltamponade können jedoch zu einem so hohen Perikarddruck führen, dass auch der linke Ventrikel kollabiert.
Bei einer Tamponade verschlechtert sich die Füllung der Ventrikel und Vorhöfe, was dazu führt, dass sich die Vena cava inferior erweitert und während der Inspiration (oder beim Schnüffeln) nicht wie normal kollabiert.
Respiratische Variation des Blutdrucks: Pulsus paradoxus
Im Falle einer Herzbeuteltamponade kann der systolische Blutdruck während des Atemzyklus um mehr als 10 mmHg variieren. Der Druck fällt während der Inspiration und dies wird Pulsus paradoxus genannt. Die Erklärung ist, dass die Füllung des rechten Ventrikels während der Inspiration zunimmt und sich das Septum in den linken Ventrikel wölbt. Dieser füllt sich dadurch mit weniger Blut und das Schlagvolumen und der Blutdruck werden kleiner. Während der Expiration tritt das Gegenteil auf und der systolische Druck steigt.
Pulsus paradoxus bedeutet, dass der Blutdruck während des Atemzyklus um >10 mm schwankt. Der Blutdruck sinkt während der Inspiration und steigt während der Expiration an.
Im Falle eines Pulsus paradoxus zeigt die Echokardiographie, dass die Septumposition während der Ein- und Ausatmung variiert. Während der Inspiration bewegt sich das Septum in den linken Ventrikel und während der Ausatmung umgekehrt.
Die Position des Septums während der Ein- und Ausatmung beeinflusst den passiven Blutfluss vom linken Vorhof in den linken Ventrikel. Das kann durch die E-Welle im gepulsten Doppler dargestellt werden (siehe Bewertung der diastolischen Funktion). Beim Einatmen wölbt sich das Septum in den linken Ventrikel, was die Füllung erschwert, wodurch die E-Wellen-Geschwindigkeit abnimmt. Beim Ausatmen tritt die Umkehrung auf. Wenn die Geschwindigkeit der E-Welle während des Atemzyklus um > 30% variiert, deutet dies stark darauf hin, dass der Erguss hämodynamische Effekte hat.
Der gepulste Wellendoppler in der Trikuspidalklappe zeigt umgekehrte Verhältnisse im Vergleich zur Mitralklappe: Die E-Wellengeschwindigkeit steigt hier während der Einatmung an und nimmt beim Ausatmen ab.