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Akuter Myokardinfarkt: Definition und Kriterien

Der akute Myokardinfarkt ist die schwerste Komplikation der koronaren Herzkrankheit. Der häufigste Auslöser ist die Ruptur oder Erosion einer vulnerablen (instabilen) atherosklerotischen Koronarplaques. Bei einem solchen Schaden setzt die Plaque stark thrombogene Materialien frei, die zirkulierende Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren aktivieren, was zur Thrombusbildung führt (Abbildung 1). Die Ruptur einer atherosklerotischen Plaque kann außerdem atherosklerotischen Detritus ins Gefäß freisetzen, was eine mikrovaskuläre Embolisation verursacht (d.h. einen Verschluss von kleineren Gefäßen stromabwärts). Die Thrombose verursacht einen Verschluss der Arterie, der Blutfluss kann teilweise oder vollständig unterbrochen sein. Folglich wird das von der verschlossenen Arterie versorgte Myokard ischämisch. Letztendlich führt dies zu einer Myokardnekrose (Tod von Myozyten), die anhand von erhöhten Spiegeln von kardialen Proteinen im Blut nachgewiesen werden kann.

Abbildung 1. Ein akuter Myokardinfarkt wird normalerweise durch eine Ruptur oder Erosion einer vulnerablen (instabilen) atherosklerotischen Koronarplaques ausgelöst.
Abbildung 1. Ein akuter Myokardinfarkt wird normalerweise durch eine Ruptur oder Erosion einer vulnerablen (instabilen) atherosklerotischen Koronarplaques ausgelöst.

Diagnostische Kriterien eines akuten Myokardinfarkts

Die Diagnose eines Myokardinfarkts basiert auf den folgenden drei Komponenten:

  • Kardiale Troponine — Eine Erhöhung von kardialen Troponinen im peripheren Blut ist zwingend erforderlich, um die Diagnose eines Myokardinfarkt zu stellen.
  • EKG — ST-Hebungen, ST-Senkungen, T-Welleninversionen und pathologische Q-Wellen können zur Diagnose von Myokardischämie und -infarkt verwendet werden.
  • Symptome — Patienten mit akutem Myokardinfarkt können typische ischämische Brustschmerzen zeigen. Auch Dyspnoe, Übelkeit, unerklärliche Schwäche oder eine Kombination dieser Symptome sind häufig.

Die Diagnosestellung erfordert erhöhte Konzentrationen von kardialen Troponinen. Zusätzlich zu erhöhten Troponinen muss der Patient entweder Symptome oder EKG-Veränderungen zeigen, die zu einem Myokardinfarkt/einer Ischämie passen. Die meisten Patienten zeigen jedoch sowohl EKG-Veränderungen als auch Symptome an.

Troponine und andere Biomarker der Myokardnekrose (des Infarkts)

Myokard kann eine vollständige Ischämie über 20 bis 30 Minuten aushalten. Nach dieser Zeit sterben die Zellen und die Zellmembranen verlieren ihre Integrität, wodurch zelluläre Proteine in den Kreislauf freigesetzt werden. Es ist möglich, erhöhte Spiegel an Myokardproteinen im Blut innerhalb von 2 bis 3 Stunden nach Beginn des Myokardinfarkts nachzuweisen. Kardiales Troponin T und Troponin I haben sich als die bevorzugten Biomarker herausgestellt, da sie extrem sensitiv und spezifisch für Myokardschäden sind. Erhöhte Konzentrationen von kardialen Troponinen sind einer starker Nachweis einer Myokardnekrose (d.h. Infarkt). Dies erklärt sich dadurch, dass es keinen (oder sehr geringen) Auf- und Abbau von Myokardzellen gibt und daher keine kardialen Troponine im Blut nachgewiesen werden sollten.

Es ist jedoch anzumerken, dass aktuelle Troponin-Tests äußerst sensitiv sind. Diese Assays, die als hochsensitives kardiales Troponin (high-sensitive cardiac troponin) bezeichnet werden, können tatsächlich bei den meisten gesunden Personen Troponine im Blut nachweisen. Im Jahr 2017 war es möglich, im Vergleich zum Jahr 2000 100-mal kleinere Myokardinfarkte. Dies erklärt, warum in den letzten zwei Jahrzehnten ein Anstieg der NSTEMI um 20% und eine entsprechende Abnahme der instabilen Angina verzeichnet wurden (ein großer Anteil der ACS, die zuvor als instabile Angina pectoris klassfiziert worden wären, werden jetzt aufgrund der sensitiven Troponin-Tests als NSTEMI eingestuft). Interessierte Leser beziehen sich auf Braunwald et al.

Dennoch hat kardiales Troponin (T oder I) eine fast 100-prozentige Spezifität für Myokardzellen und ist der bevorzugte Biomarker nach nordamerikanischen (ACC, AHA) und europäischen (ESC) Leitlinien.

Referenzgrenzwert für Troponine

Unabhängig davon, wie sensitiv Troponin-Assays sind, ist es immer möglich, eine obere Referenzgrenze festzulegen. Jeder Wert oberhalb der oberen Referenzgrenze gilt als erhöht (pathologisch) und weist daher auf eine Myokardnekrose hin. Die obere Referenzgrenze ist derzeit die 99. Perzentile in einer gesunden Bevölkerung. Troponinspiegel, die höher als die 99.-Perzentile einer normalen Population sind, gelten als erhöht (pathologisch).

Kriterien für erhöhte Troponine: Serienmessungen mit steigendem oder fallendem Muster und mindestens einem Wert über der oberen Referenzgrenze

Die Diagnose eines Myokardinfarkts erfordert mindestens zwei Troponinmessungen. Mindestens eine davon muss erhöht sein (über der oberen Referenzgrenze). Außerdem sollte es eine Änderung zwischen den beiden Stichproben geben, so dass der Troponinspiegel zwischen den Stichproben entweder ansteigt oder abfällt. Dieses Muster (mit fallendem oder steigendem Troponin) ist erforderlich, um akut erhöhte Troponinspiegel (d.h. akuter Myokardinfarkt) von chronisch erhöhten Troponinspiegeln (z.B. bei einer chronischen Nierenerkrankung, die zu einer verminderten renalen Elimination von Troponinen aus dem Blut führt) zu unterscheiden.

In der klinischen Praxis ist es üblich, den ersten Troponinwert direkt bei der Ankunft im Krankenhaus abzunehmen und die Messung nach 6 Stunden zu wiederholen. Wenn die ersten beiden Analysen negativ sind (d.h. die Troponinspiegel norma sindl), der Verdacht auf Myokardinfarkt jedoch fortbesteht, kann nach 12 bis 24 Stunden ein dritter Test durchgeführt werden.

Der Troponinspiegel steigt innerhalb von 2 bis 3 Stunden nach Beginn der Myokardnekrose an. Innerhalb von 7 Tagen normalisieren sich die Werte wieder (Abbildung 2, unten). Die langsame Normalisierung ist auf das langsame anhaltende Troponinleck aus nekrotischen Zellen zurückzuführen. Ein negatives (d.h. normales) Troponin 6 Stunden nach der letzten Episode von Symptomen schließt einen Myokardinfarkt aus (eine instabile Angina jedoch nicht). Bei hochsensitiven Troponin-Assays ist es möglich, einen Myokardinfarkt nach 3 Stunden auszuschließen. Die Troponinspiegel 24 Stunden nach Beginn der Symptome können verwendet werden, um die Größe des Infarkts abzuschätzen.

Obwohl kardiale Troponine sehr spezifisch für Myokardzellen sind, geben erhöhte Werte keine Auskunft über die Ursache des Anstiegs. Jede Erkrankung, die Myokardzellen schädigt, kann zu erhöhten Troponinspiegeln führen. Eine häufige Ursache einen dauerhaft erhöhten Troponinspiegels ist eine chronische Nierenerkrankung. Personen mit reduzierter glomerulärer Filtrationsrate eliminieren Troponin langsamer, was zu höheren Ausgangswerten von Troponinen führt. Es ist ratsam, bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung Troponin I zu analysieren, da Troponin I weniger von der glomerulären Filtration betroffen ist. Dennoch kann auch bei Personen mit chronischer Nierenerkrankung jede Art von kardialem Troponin analysiert werden, denn im Falle eines Myokardinfarkts zeigt der Troponinspiegel eine Dynamik (d.h. einen Anstieg oder Abfall zwischen zwei Proben). Es gibt zahlreiche Ursachen von erhöhten Troponinspiegeln.

Ursachen von erhöhtem Troponin:

  1. Myokardinfarkt
  2. Chronisches und akutes Nierenversagen
  3. Herzkontusion oder Trauma
  4. Akute oder chronische Herzinsuffizienz
  5. Elektrische Kardioversion
  6. Takotsubo-Kardiomyopathie
  7. Perikarditis und Myokarditis (Perimyokarditis)
  8. Ablationsbehandlung
  9. Supraventrikuläre Tachyarrhythmie
  10. Ventrikuläre Tachyarrhythmie
  11. Bradyarrhythmie
  12. Schlaganfall, subarachnoidale Blutung
  13. Sepsis (septischer Schock)
  14. Intoxikation
  15. Extreme körperliche Belastung
  16. Aortendissektion
  17. Rhabdomyolyse mit Myokardschäden
  18. Lungenembolie
  19. Hochgradige pulmonale Hypertonie
  20. Amyloidose
  21. Brandverletzung
  22. Schwer erkrankte Patienten

Andere Biomarker einer Myokardnekrose

Neben Troponinen ist es möglich, CK-MB, Gesamt-CK und MB zu analysieren, aber diese Biomarker haben eine viel geringere Spezifität als Herztroponine (CK-MB, CK und MB kommen auch in Skelettmuskeln vor). Abbildung 2 zeigt, wie sich die Blutspiegel dieser Proteine im Verlauf des Myokardinfarkts ändern.

Abbildung 2. Spiegel von Myokardproteinen im Blut nach Myokardinfarkt. Beachten Sie, dass kardiale Troponine nach 24 bis 28 Stunden nach Beginn des Infarkts ihren Höhepunkt erreichen.
Abbildung 2. Spiegel von Myokardproteinen im Blut nach Myokardinfarkt. Beachten Sie, dass kardiale Troponine nach 24 bis 28 Stunden nach Beginn des Infarkts ihren Höhepunkt erreichen.

CK-MB und MB

Die Bestimmung der CK-MB (Kreatinin-Kinase MB) ist die beste Alternative, wenn keine Troponin-Assays verfügbar sind. Die obere Referenzgrenze (99. Perzentile) und der Entscheidungsprozess sind identisch mit Troponin. CK-MB ist jedoch weniger spezifisch als Troponin, da es in den Skelettmuskeln reichlich vorhanden ist. CK-MB hat gegenüber Troponin zwei Vorteile: CK-MB wird schneller in den Kreislauf freigesetzt (kann früher erkannt werden) und normalisiert sich schneller (was es für die Diagnose von Re-Infarkten nützlich macht). Siehe Abbildung 2. MB (Myoglobin) ist noch weniger spezifisch, kann aber noch früher als CK-MB nachgewiesen werden. Normale MB-Werte 3 bis 4 Stunden nach der letzten Episode von Symptomen schließen einen Myokardinfarkt aus.

EKG-Kriterien von Ischämie & Infarkt

EKG bei Myokardischämie

Akute Myokardischämie manifestiert sich im EKG als ST-Veränderung (ST-Hebung oder ST-Senkung) und T-Wellenveränderungen. ST- und T-Wellen-Veränderungen werden zusammenfassend als ST-T-Veränderungen bezeichnet. Eine ST-Veränderung weist auf eine akute (anhaltende) Ischämie hin. In den meisten Fällen gehen ST-Veränderungen mit T-Wellen-Veränderungen einher. Letztere manifestieren sich als T-Welleninversionen (negative T-Wellen), flache T-Wellen (T-Wellen mit niedriger Amplitude) oder hyperakute T-Wellen (sehr hohe T-Wellen). Was die T-Wellen betrifft, muss Folgendes beachtet werden:

  • Eine isolierte T-Welleninversion ist niemals ein Anzeichen einer akuten (anhaltenden) Ischämie. Eine isolierte T-Wellen-Inversion tritt nach der ischämischen Episode auf. Diese T-Wellen-Veränderungen werden als postischämische T-Welleninversionen bezeichnet. Das Gleiche gilt für flache T-Wellen.
  • Hyperakute T-Wellen können jedoch ein isoliertes Zeichen einer Myokardischämie sein. Diese T-Wellen sind sehr breit und sehr hoch.

EKG bei Myokardinfarkt

Ein Myokardinfarkt manifestiert sich mit pathologischen Q-Wellen, reduzierter R-Zackenamplitude oder fragmentierten QRS-Komplexen.

Risikoeinschätzung mit Hilfe des EKGs

Bei Patienten mit Brustschmerzen korreliert das EKG stark mit dem Risiko eines akuten Myokardinfarkts und der 30-Tage-Mortalität. Tabelle 1 unten zeigt sieben Varianten von EKG-Veränderungen; das Infarktrisiko und die 30-Tage-Mortalität steigen allmählich von 1 bis 7.

Tabelle 1. Risikoeinschätzung mittels EKG-Diagnostik

EKGKLASSIFIKATION DES MYOKARDINFARKTS
1Normales oder uneindeutiges EKGNSTEMI (Nicht-ST-Hebungsinfarkt)
2Isolierte T-Wellen-InversionenNSTEMI (Nicht-ST-Hebungsinfarkt)
3ST-SenkungenNSTEMI (Nicht-ST-Hebungsinfarkt)
4ST-Senkung und T-Wellen-InversionNSTEMI (Nicht-ST-Hebungsinfarkt)
5Linke Schenkelblock bei PräsentationPatienten mit Linksschenkelblock (LSB) bei der Untersuchung stellen eine besondere Herausforderung dar. In Gegenwart eines LSB ist die EKG-Diagnose von Ischämie/Infarkt schwierig. Jahrelang wurde empfohlen, Patienten mit neu (oder vermutlich neu) aufgetretenem LSB als Patienten mit akutem STEMI zu behandeln. Im Jahr 2017 überarbeitete die Europäische Gesellschaft für Kardiologie jedoch ihre Empfehlungen. Es wird nun empfohlen, dass alle Patienten mit klinischem Verdacht auf anhaltende Myokardischämie und LSB ähnlich wie akute STEMI-Patienten behandelt werden sollten, unabhängig davon, ob ein LSB vorbekannt ist oder nicht. Dies wird ausführlich in LSB und Akuter Myokardinfarkt diskutiert. Im Hinblick auf die aktuelle Diskussion ist ein LSB mit einer schlechteren Prognose als ST-Senkungen verbunden, allerdings mit einer etwas besseren Prognose als ST-Hebungen.
6ST-HebungenSTEMI (ST-Hebungsinfarkt)
7ST-Hebungen und ST-SenkungenSTEMI (ST-Hebungsinfarkt)
Risikoeinschätzung mittels EKG

Bei Patienten mit akuten Koronarsyndromen wurde in mehreren Studien der Zusammenhang zwischen EKG-Veränderungen und Mortalität untersucht. Abbildung 3 zeigt Ergebnisse der legendären GUSTO-II-Studie. Wie Abbildung 2 zeigt, sind isolierte T-Welleninversionen mit der niedrigsten Sterblichkeit assoziiert. Die kurzfristige Mortalität ist bei STEMI höher als bei NSTEMI. Die Langzeitmortalität jedoch ist in der Nicht-STEMI-Gruppe höher, was normalerweise dadurch erklärt wird, dass Patienten mit NSTEMI älter sind und mehr Komorbiditäten haben. Wie in Abbildung 3 gezeigt, sterben rund 7% der Patienten mit STEMI innerhalb von 30 Tagen, verglichen mit 3—5% der Patienten mit NSTEMI.

Abbildung 3. Die GUSTO-II-Studie.
Abbildung 3. Die GUSTO-II-Studie.

Die Rolle des EKGs in Leitlinien

In den aktuellen Leitlinien sind ST-Veränderungen, T-Welleninversion, Q-Zacken und R-Zacken als Infarktkriterien enthalten, hyperakute T-Wellen und fragmentierte QRS-Komplexe hingegen nicht. Der Grund dafür wird später diskutiert. EKG-Kriterien von Ischämie/Infarkt müssen immer in mindestens zwei anatomisch benachbarten Ableitungen sichtbar sein. Dies ist notwendig, da es unwahrscheinlich ist, dass sich Ischämie/Infarkt nur in einer EKG-Ableitung widerspiegeln. EKG-Veränderungen bei Ischämie und Infarkt werden in den folgenden Kapiteln ausführlich diskutiert.

Symptome von akutem Myokardinfarkt und Ischämie

Angina pectoris ist das Kardinalsymptom einer Myokardischämie. Sie wird als retrosternaler Brustschmerz beschrieben (auch Druck, Schwere, Quetschen, Brennen oder Erstickungsgefühl). Häufig wird sie von einer Ausstrahlung in die linke Schulter und/oder in den linken Arm begleitet. Schmerzen im Oberbauch, Rücken, Kiefer oder Nacken sind ebenfalls üblich. Symptome des autonomen Nervensystems wie Blässe, Kaltschweißigkeit, Angst und Erbrechen sind ebenfalls häufig. Dyspnoe ist sehr häufig, bei älteren Patienten sogar ebenso häufig wie Brustschmerzen (insbesondere bei Frauen). Bei Myokardinfarkt dauert der Schmerz länger als 20 Minuten. Kürzere Zeiträume sind normalerweise Episoden von instabiler Angina. Im Vergleich zur stabilen Angina pectoris sind die Symptome bei akuten Koronarsyndromen ausgeprägter, auch in Ruhe vorhanden und sprechen nicht auf Nitroglycerin an.

Differentialdiagnosen

Brustschmerzen können durch eine Vielzahl von Erkrankungen erklärt werden, die als Differentialdiagnosen einbezogen werden müssen. Bei Patienten mit Brustschmerzen müssen folgende Differentialdiagnosen in Betracht gezogen werden:

  • Kardial: Stabile Angina pectoris. Akute koronare Syndrome. Perimyokarditis. Aortendissektion. Arrhythmien. Klappenerkrankung. Prinzmetal-Angina (Vasospasmus). Syndrom X (Angina ohne Vasospasmus, aber mit normalen Koronararterien).
  • Pulmonal: Pneumonie. Pleuritis. Pneumothorax. Lungenembolie. Lungeninfarkt.
  • Gastrointestinal: Ulcus ventriculi/duodeni. Gastroösophageale Refluxkrankheit. Ösophagusruptur. Ösophagusspasmus. Pankreatitis. Cholezystitis.
  • Bewegungsapparat: Tietze-Syndrom. Rippenfraktur. Trauma/Kontusion. Nach Thorakotomie. Neurogene Schmerzen.
  • Psychiatrisch: Akuter/chronischer Stress. Angst. Depression.
  • Sonstiges: Herpes Zoster. Anämie mit sekundärer Ischämie.

Klassifikation des Myokardinfarkts nach dem ESC

Die bisherige Diskussion war dem Myokardinfarkt aufgrund von koronarer Atherothrombose gewidmet, was in der Tat die häufigste Ursache eines Myokardinfarkts ist. Es gibt jedoch andere Arten von Myokardinfarkten. Derzeit empfehlen ACC, AHA und ESC alle die folgende Klassifikation:

Klassifikation von Myokardinfarkten

Typ 1: Spontaner Myokardinfarkt – Spontaner Myokardinfarkt im Zusammenhang mit atherosklerotischer Plaqueruptur, Ulzeration, Fissur, Erosion oder Dissektion mit einem resultierenden intraluminalen Thrombus in einer oder mehreren Koronararterien, die zu einem verminderten Blutfluss oder einer distalen Thromboembolie führen mit anschließender Myozytennekrose. Der Patient kann eine zugrundeliegende schwere koronare Herzkrankheit haben, gelegentlich bestehen vorher aber keine signifikanten Stenosen oder eine koronare Herzkrankheit.

Typ 2: Myokardinfarkt nach ischämischer Dysbalance – Fälle von Myokardschäden mit Nekrose, bei denen ein anderer Zustand als eine koronare Herzkrankheit zu einem Ungleichgewicht zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffversorgung des Myokards führt, z.B. koronare endotheliale Dysfunktion, Koronararterienspasmen, Koronarembolie, Tachy-/Bradyarrhythmien, Anämie, respiratorische Insuffizienz, Hypotonie und Hypertonie mit oder ohne linksventrikuläre Hypertrophie (LVH).

Typ 3: Myokardinfarkt, der zum Tod führt, bevor Biomarker gemessen werden – Herztod mit Symptomen, die auf eine Myokardischämie hindeuten, und vermuteten neuen ischämischen EKG-Veränderungen oder neu aufgetretenem LSB. Dabei aber Eintreten des Todes, bevor Blutproben abgenommen werden konnten, bevor die kardialen Biomarker steigen konnten – oder in seltenen Fällen, wenn versäumt wurde, kardiale Biomarker abzunehmen.

Typ 4a: Myokardinfarkt im Zusammenhang mit einer perkutanen Koronarintervention (PCI) – Der mit einer PCI verbundene Myokardinfarkt wird willkürlich als Erhöhung der kardialen Troponinwerte (cTn) auf das >5-Fache des oberen Grenzwerts (99. Perzentile) bei Patienten mit normalen cTn-Ausgangswerten (≤99. Perzentile) definiert, oder aber als ein Anstieg der kardialen Troponinwerte um >20% bei erhöhten Ausgangswerten, die stabil oder fallend sind. Darüber hinaus sind erforderlich: Entweder (I) Symptome, die auf eine Myokardischämie hinweisen, oder (II) neue ischämische EKG-Veränderungen oder neu aufgetretener LSB oder (III) angiographisch nachgewiesener Verlust der Durchgängigkeit einer großen Koronararterie oder eines Seitenasts oder anhaltender Slow- oder No-Flow oder Embolisation oder (IV) Bildgebung eines neuen Verlusts von vitalem Myokard oder neu aufgetretene regionale Wandbewegungsstörungen.

Typ 4b: Myokardinfarkt im Zusammenhang mit Stentthrombose – Ein Myokardinfarkt im Zusammenhang mit einer Stentthrombose wird durch Koronarangiographie oder Autopsie nach Myokardischämie und bei einem Anstieg und/oder Abfall von kardialen Biomarkern mit mindestens einem Wert über der 99. Perzentile als oberem Grenzwert nachgewiesen.

Typ 5: Myokardinfarkt im Zusammenhang mit Koronararterien-Bypass (CABG) – Ein mit einer CABG assoziierter Myokardinfarkt wird willkürlich als Erhöhung der kardialen Biomarkerwerte auf das >10-Fache der 99. Perzentile (als oberer Grenzwert) bei Patienten mit normalen cTn-Ausgangswerten definiert (≤99. Perzentile). Darüber hinaus entweder (I) neue pathologische Q-Wellen oder neu aufgetretener LSB oder (II) angiographisch dokumentierter neuer Verschluss von transplantierter oder nativer Koronararterie oder (III) Bildgebung eines neuen Verlusts von vitalem Myokard oder neu aufgetretene regionale Wandbewegungsstörungen.

Literatur

E. Braunwald: Unstable angina: is it time for a requiem? Circulation, 2013.

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