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  1. Klinische Elektrokardiographie und EKG-Interpretation
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  2. Arrhythmologie
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  3. Koronare (Ischämische) Herzkrankheit, akuten Koronarsyndromen und Myokardinfarkt
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  4. Leitungsverzögerung: AV-Blöcke, Schenkelblöcke, Faszikelblöcke
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  5. Atriale und ventrikuläre Hypertrophie und Dilatation
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  8. Belastungstest (Laufbandtest, Belastungs-EKG)
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  9. Herzschrittmacher und Herzgeräte crt icd
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  10. Pädiatrisches und neonatales EKG
    4 Themen
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Prinzipien der kardialen Elektrophysiologie und EKG-Interpretation

Damit das Herz effektiv arbeiten kann, müssen die Vorhöfe und die Ventrikel schnell und in koordinierter Abfolge (sequenziell) erregt werden. Eine schnelle Erregung ist wichtig, um einen möglichst großen Anteil des Myokards gleichzeitig zu erregen. Je größer der Anteil des Myokards ist, der gleichzeitig kontrahiert, desto effizienter ist der Pumpmechanismus. Sequenzielle Erregung bedeutet, dass die Vorhöfe zuerst erregt werden und die Ventrikel mit adäquatem Blutvolumen füllen, woraufhin die ventrikuläre Kontraktion beginnt. Um diese beiden Aufgaben zu koordinieren, verfügt das Herz über ein elektrisches Reizleitungssystem, das aus spezialisierten Herzmuskelzellen besteht (im Folgenden als Leitungszellen bezeichnet). Diese Zellen bilden Faserbündel, die als Leitungsbahnen ähnlich wie elektrische Kabel wirken: Sie leiten das Aktionspotential schnell und sequenziell auf das Arbeitsmyokard in den Vorhöfen und den Ventrikeln weiter. Wenn das Aktionspotential auf das Arbeitsmyokard trifft, wird dieses erregt und kontrahiert. Abbildung 1 zeigt die relevanten Bestandteile des Reizleitungssystems, des Herzens und der klassischen EKG-Kurve.

Abbildung 1. Der Herzzyklus beginnt, wenn Zellen im Sinusknoten ein Aktionspotential erzeugen, das sich als elektrischer Impuls durch die Vorhöfe und über den Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) auf die Ventrikel ausbreitet. Während sich der Impuls durch das Arbeitsmyokard ausbreitet, erregt er die Myokardzellen, die daraufhin kontrahieren. Das Aktionspotential erzeugt elektrische Ströme, die zu den hier dargestellten klassischen EKG-Wellenformen führen. Die Erregung der Vorhöfe entspricht der P-Welle und die Erregung der Ventrikel spiegelt sich im QRS-Komplex wider. Die T-Welle entspricht der Erholung (Repolarisation) der Ventrikel. Zu beachten ist, dass das EKG selten eine atriale Erholung (Repolarisation) zeigt, da diese mit der ventrikulären Depolarisation (d.h. dem QRS-Komplex) zusammenfällt, welche viel stärkere elektrische Potentiale aufweist.
Abbildung 1. Der Herzzyklus beginnt, wenn Zellen im Sinusknoten ein Aktionspotential erzeugen, das sich als elektrischer Impuls durch die Vorhöfe und über den Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) auf die Ventrikel ausbreitet. Während sich der Impuls durch das Arbeitsmyokard ausbreitet, erregt er die Myokardzellen, die daraufhin kontrahieren. Das Aktionspotential erzeugt elektrische Ströme, die zu den hier dargestellten klassischen EKG-Wellenformen führen. Die Erregung der Vorhöfe entspricht der P-Welle und die Erregung der Ventrikel spiegelt sich im QRS-Komplex wider. Die T-Welle entspricht der Erholung (Repolarisation) der Ventrikel. Zu beachten ist, dass das EKG selten eine atriale Erholung (Repolarisation) zeigt, da diese mit der ventrikulären Depolarisation (d.h. dem QRS-Komplex) zusammenfällt, welche viel stärkere elektrische Potentiale aufweist.

Zelltypen in der Elektrokardiologie

Für das Verständnis des Themas ist es wichtig, zwischen zwei Haupttypen von Herzzellen zu unterscheiden:

  • Leitungszellen bilden Fasernetzwerke, Leitungsbahnen genannt, die durch das Myokard führen und das Aktionspotential verbreiten. Diese Zellen haben praktisch keine kontraktile Funktion.
  • Kontraktile Myokardzellen führen die eigentliche Kontraktion durch, sind aber ebenfalls in der Lage, das Aktionspotential zu übertragen, wenn auch mit einer viel niedrigeren Geschwindigkeit als die Leitungszellen. Die Begriffe kontraktiles Myokard, Arbeitsmyokard oder einfach Myokardzelle beziehen sich auf diesen Zelltyp und diese Begriffe werden synonym verwendet.

Architektur von Herzzellen

Im Gegensatz zum Skelettmuskel weisen Herzmuskelzellen eine verzweigt aufgebaute Morphologie auf. Wie Abbildung 2 zeigt, sind alle Herzmuskelzellen sowohl elektrisch als auch mechanisch entlang ihrer langen Achse verbunden. Diese Zellenarchitektur wird als funktionelles Synzytium bezeichnet, was bedeutet, dass das gesamte Netzwerk von Zellen als eine Einheit fungiert. Wenn eine Zelle im Synzytium erregt wird, werden dementsprechend alle nachgelagerten Zellen erregt (vorausgesetzt, sie sind erregbar). Die Verbindungen zwischen den Zellen werden als Glanzstreifen oder auch als interkalierende Scheiben bezeichnet. Die interkalierende Scheibe besteht aus Zellmembranproteinen, die benachbarte Zellen sowohl mechanisch als auch elektrisch verbinden. Die elektrische Verbindung wird durch Gap Junctions hergestellt, bei denen es sich um Proteine handelt, die Kanäle zwischen den Zellmembranen bilden. Elektrisch geladene Ionen können zwischen den Zellen durch die Gap Juntions fließen. Daraus folgt, dass sich das Aktionspotential auf diesem Weg von einer Zelle zur nächsten ausbreiten kann.

Abbildung 2. Schematische Darstellung des Myokardsynzytiums. Zu beachten ist die verzweigte Zellstruktur und die Verbindungen zwischen den Zellen.
Abbildung 2. Schematische Darstellung des Myokardsynzytiums. Zu beachten ist die verzweigte Zellstruktur und die Verbindungen zwischen den Zellen.

Das kardiale Aktionspotential

Das Aktionspotential umfasst eine Depolarisation (Erregung) gefolgt von einer Repolarisation (Erholung). Wie oben erwähnt, beginnt der Herzzyklus, wenn der Sinusknoten das erste Aktionspotential abgibt, das sich dann wie eine Wellenfront im Wasser durch das Myokard ausbreitet. Spezifische Ionenkanäle, die sich auf den Zellmembranen befinden, öffnen und schließen sich während der De- und Repolarisation, so dass Ionen (Na+ [Natrium], K+ [Kalium], Ca2+ [Calcium]) zwischen dem intra- und extrazellulären Kompartiment hin- und herfließen können. Das Aktionspotential besteht also in der Bewegung von Ionen – elektrisch geladenen Teilchen – und erzeugt daher einen elektrischen Strom. Abbildung 3 (unten) zeigt den Verlauf des Aktionspotentials in Myokardzellen (das Aktionspotential wird im nächsten Artikel ausführlich behandelt).

Zu beachten ist, dass die Begriffe Erregung, elektrischer Impuls, Impuls und Impulswelle synonym verwendet werden, um sich auf die wellenartige Ausbreitung des Aktionspotentials im Myokard zu beziehen.

Abbildung 3. Das Aktionspotential kontraktiler Zellen. Inaktive (ruhende) Myokardzellen haben ein Ruhemembranpotential von -90 mV. Bei Stimulation depolarisiert die Zelle und zeigt einen schnellen Anstieg des Membranpotentials. Bei der Repolarisation kehrt die Zelle wieder in ihren Ruhezustand zurück.
Abbildung 3. Das Aktionspotential kontraktiler Zellen. Inaktive (ruhende) Myokardzellen haben ein Ruhemembranpotential von -90 mV. Bei Stimulation depolarisiert die Zelle und zeigt einen schnellen Anstieg des Membranpotentials. Bei der Repolarisation kehrt die Zelle wieder in ihren Ruhezustand zurück.

Kardiale elektromechanische Kopplung

Die Depolarisation aktiviert die Myokardzellen und löst zelluläre Prozesse aus, die zur Zellkontraktion führen. Die Ausbreitung eines elektrischen Impulses steht daher in direktem Zusammenhang mit einem mechanischen Ereignis (dies wird als elektromechanische Kopplung bezeichnet). Da es eine Fülle von Ionen in den Geweben und Flüssigkeiten gibt, die das Herz umgeben – und zwar im gesamten menschlichen Körper -, werden die im Herzen erzeugten elektrischen Ströme bis auf die Haut übertragen, wo sie mit Elektroden aufgezeichnet werden können. Die Elektrokardiographie ist die Kunst, die im Myokard erzeugten elektrischen Potentiale aufzuzeichnen und zu interpretieren. Der Elektrokardiograph stellt diese elektrischen Ereignisse in einem Diagramm dar, das als Elektrokardiogramm (EKG) bezeichnet wird.

Die elektrischen Potentiale, die von den Bestandteilen des Reizleitungssystems (Sinusknoten, atrioventrikulärer Knoten, His-Purkinje-Fasern) erzeugt werden, sind zu gering, um mit Oberflächen-(Haut-)Elektroden abgeleitet zu werden. Daher zeigt das EKG nur die Aktivität des atrialen und ventrikulären Arbeitsmyokards. Dies ist bedauerlich, da das Reizleitungssystem eine entscheidende Rolle bei der Herzfunktion und damit auch bei der EKG-Interpretation spielt. Glücklicherweise ist es fast immer möglich, Rückschlüsse auf das Leitungssystem basierend auf der abgeleiteten EKG-Kurve und dem Rhythmus zu ziehen. In einigen Fällen sind jedoch invasive elektrophysiologische Untersuchungen nötig (Aufzeichnung der elektrischen Aktivität mit Hilfe von elektrodenbesetzten Kathetern, die über die Blutgefäße in das Herz eingeführt werden).

Das elektrische Leitungssystem des Herzens

Der Sinusknoten (auch sinoatrialer Knoten, SA-Knoten)

Der Sinusknoten ist eine kleine ovale Struktur, die sich im rechten Vorhof in der Nähe der Mündung der Vena cava superior befindet (Abbildung 1). Der Sinusknoten besteht aus hochspezialisierten Zellen mit einer ausgeprägten Fähigkeit, spontan zu depolarisieren. Für diese Depolarisation ist also kein Reiz von außen notwendig. So sind die Zellen des Sinusknotens in der Lage, spontan ein Aktionspotential zu erzeugen. Diese Fähigkeit, spontan zu depolarisieren, wird als Automatizität bezeichnet. Die Zellen des Sinusknotens haben eine intrinsische Depolarisationsfrequenz von etwa 70 Depolarisationen pro Minute (was zu 70 Herzschlägen pro Minute führt). Der Sinusknoten wird oft auch als der primäre Herzschrittmacher bezeichnet.

Die Frequenz der spontanen Depolarisation im Sinusknoten wird durch das autonome Nervensystem beeinflusst. Sympathische Stimulation erhöht die Frequenz, während parasympathische Stimulation die Frequenz senkt. Bei gesteigertem Sympathikotonus steigt also die Herzfrequenz an, bei gesteigertem Parasympathikotonus nimmt sie ab. Die Herzfrequenz hängt somit stets von der Balance zwischen sympathischer und parasympathischer Aktivität ab. Sympathische Aktivität überwiegt während körperlicher Betätigung, wohingegen parasympathische Aktivität in Ruhephasen überwiegt.

Sekundäre (untergeordnete) Herzschrittmacher

Secondary (latent) pacemakers

Der Sinusknoten ist der primäre Herzschrittmacher. Es gibt jedoch zusätzliche Strukturen, die über Automatizität und damit die Fähigkeit, als Herzschrittmacher zu dienen, verfügen. Diese Strukturen sind folgende:

  • Teile des Vorhofmyokards: Es gibt Cluster von Vorhofmyokardzellen, die um die Crista terminalis, die Mündung des Sinus coronarius und die Mündung der Vena cava inferior herum angeordnet sind, sowie Zellen in der Umgebung der Mitral- und Trikuspidalklappe, die über Automatizität verfügen. Diese Zellen sind keine eigentlichen Leitungszellen, sondern es handelt sich um Zellen des Arbeitsmyokards, die ebenfalls eine Automatizität innehaben. Daher ist Automatizität eine Eigenschaft, die nicht ausschließlich für Zellen des Reizleitungssystems gilt.
  • Myokard, das den Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) umgibt: Es ist eine weit verbreitete Fehlannahme, dass der AV-Knoten über eine eigene Automatizität verfüge; bisher gibt es dafür keinen eindeutigen Nachweis. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass Zellcluster, die den AV-Knoten umgeben, über Automatizität verfügen. Diese Automatizität wird — trotz der gerade getroffenen Aussage — im Folgenden als Automatizität des AV-Knotens bezeichnet, um das Verständnis zu erleichtern.
  • Das His-Purkinje-Netzwerk: Das His-Bündel und das gesamte Purkinje-Netzwerk verfügen über Automatizität.

Der aufmerksame Leser hat vielleicht bemerkt, dass das Arbeitsmyokard der Ventrikel keine Automatizität besitzt – dies ist wichtig zu beachten, wie wir in späteren Kapiteln sehen werden.

Das Herz verfügt also über vier Schrittmacherzentren (den Sinusknoten; Teile des Vofhofmyokards; Myokard um den AV-Knoten herum; das His-Purkinje-Netzwerk). Der Grund dafür, dass der Sinusknoten der primäre Schrittmacher ist, liegt darin, dass er die höchste intrinsische Depolarisationsfrequenz aufweist (d.h. die schnellste Automatizität). Der Herzrhythmus wird vom schnellsten Schrittmacherzentrum (d.h. der Struktur mit der höchsten spontanen Depolarisationsfrequenz) gesteuert, da dieser Herzschrittmacher früher als die konkurrierenden Herzschrittmacher depolarisiert und diese somit zurücksetzt, bevor sie selbst ein Aktionspotential abgeben.

Klinische Aspekte der Automatizität

Clinical aspects of automaticity

Der Sinusknoten kann dysfunktional werden und nicht spontan depolarisieren. Diese ausbleibende Depolarisation kann intermittierend auftreten, für längere Zeiträume anhalten oder sogar dauerhaft bestehen. Dies könnte zu einem Herzstillstand führen – das ist jedoch selten der Fall, da das Fehlen der Sinusknotenimpulse einem der anderen Schrittmacherzentren die Möglichkeit gibt, einen Herzrhythmus zu etablieren. Dieses Verhalten ist der Grund, warum die anderen Schrittmacherzentren oft als untergeordnete Schrittmacherzentren bezeichnet werden. Die intrinsische Frequenz der spontanen Depolarisation in den untergeordneten Herzschrittmachern ist im Vorhofmyokard am höchsten und in den Purkinje-Fasern am niedrigsten. Somit scheint die Automatizität mit der Entfernung vom Sinusknoten schrittweise zu sinken. Das bedeutet, dass mit großer Wahrscheinlichkeit ein Ersatzrhythmus durch das Vofhofmyokard erzeugt wird, wenn der Sinusknoten nicht spontan depolarisiert. Sollte das Vorhofmyokard ebenfalls versagen, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Zellen um den AV-Knoten herum als Taktgeber fungieren. Auf unterster Ebene gibt es ein ausgedehntes Netzwerk von Purkinje-Fasern, beginnend im His-Bündel, das einen Rhythmus aufbauen kann. Diese Abstufung, vom Sinusknoten bis hin zu den Purkinje-Fasern, wird als Schrittmacher-Hierarchie bezeichnet. Abbildung 4 zeigt die Schrittmacher-Hierarchie.

Zu beachten ist, dass die oben erläuterte Automatizität eine physiologische Automatizität ist, die nur im Sinusknoten und den untergeordneten Schrittmacherzentren auftritt. Es gibt jedoch auch eine pathologische Automatizität, die überall im Herzen auftreten kann, auch im ventrikulären Myokard. Dies wird später besprochen.

Abbildung 4. Überblick über die Erregungsweiterleitung während eines Herzzyklus (linke Seite) und die Hierarchie der Schrittmacherzentren (rechte Seite). Alle Schrittmacherzentren sind zur spontanen Depolarisation (Automatizität) fähig und können daher als Taktgeber dienen. Die Frequenz der spontanen Depolarisationen ist im Sinusknoten am höchsten, weshalb dieser der primäre Schrittmacher ist.
Abbildung 4. Überblick über die Erregungsweiterleitung während eines Herzzyklus (linke Seite) und die Hierarchie der Schrittmacherzentren (rechte Seite). Alle Schrittmacherzentren sind zur spontanen Depolarisation (Automatizität) fähig und können daher als Taktgeber dienen. Die Frequenz der spontanen Depolarisationen ist im Sinusknoten am höchsten, weshalb dieser der primäre Schrittmacher ist.

Erregungsweiterleitung

Die Zellen des Reizleitungssystems haben praktisch keine kontraktile Funktion. Leitungszellen haben lediglich die Funktion, die Depolarisation schnell und synchron auf die Zellen des Arbeitsmyokards zu übertragen, damit diese sich kontrahieren können. Es gibt jedoch weniger Leitungszellen als Arbeitsmyokardzellen, was bedeutet, dass die Leitungszellen nur mit einem Teil des Arbeitsmyokards in Verbindung stehen. Die verbleibenden Arbeitsmyokardzellen, die nicht direkt mit den Leitungszellen in Verbindung stehen, hängen von anderen Arbeitsmyokardzellen ab, um erregt zu werden. Wir erinnern uns, dass alle Zellen im Herzen sowohl mechanisch als auch elektrisch miteinander verbunden sind und dadurch ermöglicht wird, dass sich die Erregung von einer Zelle zur nächsten ausbreitet. Die Erregungsweiterleitung zwischen Arbeitsmyokardzellen ist jedoch erheblich langsamer als die Übertragung über die Leitungsbahnen.

Die Erregungsweiterleitung im Vorhof

Das Reizleitungssystem ist in den Vorhöfen undeutlich ausgeprägt, ganz im Gegensatz zum Reizleitungssystem der Ventrikel, die über verschiedene Reizleitungsstrukturen wie das His-Bündel und die Tawara-Schenkel verfügen. Es gibt jedoch drei ziemlich unterschiedliche Faserbündel, die als Reizleitungssystem der Vorhöfe zu dienen scheinen. Diese Bündel übertragen den Erregung in den Vorhöfen mit einer Geschwindigkeit von 1 m/s und werden als Internodalbündel bezeichnet. Eines davon ist das Bachmann-Bündel, das die Erregung vom rechten zum linken Vorhof leitet. Siehe Abbildung 1 (oben).

Das atrioventrikuläre Reizleitungssystem

Der Atrioventrikularknoten (AV-Knoten)

Der AV-Knoten ist die Brücke zwischen den Vorhöfen und den Ventrikeln. Er befindet sich im Vorhofseptum und ist normalerweise die einzige Verbindung zwischen den Vorhöfen und Ventrikeln (Abbildung 1). Die Erregung gelangt von den Vorhöfen in den AV-Knoten und wird dort in ihrer Weiterleitung verzögert, bevor sie zu den Ventrikeln gelangt. Die Verzögerung ist auf die langsame Reizweiterleitung durch den AV-Knoten zurückzuführen. Der Zweck der langsamen Überleitung besteht darin, den Vorhöfen ausreichend Zeit zu geben, um die Ventrikel mit Blut zu füllen, bevor die ventrikuläre Kontraktion beginnt.

Das His-Bündel

Der AV-Knoten geht in das His-Bündel über, das sich wiederum in den linken und rechten Tawara-Schenkel aufteilt. Die Tawara-Schenkel verzweigen sich schrittweise zu feineren Bündeln und letztendlich in Purkinje-Fasern, die in das Myokard sprießen. Zu beachten ist, dass sich der linke Tawara-Schenkel in einen vorderen (anterioeren) und einen hinteren (posterioren) Faszikel aufteilt.

Die Purkinje-Fasern

Die Erregungsweiterleitung im Purkinje-Netzwerk ist sehr schnell (4 m/s). Die Purkinje-Fasern laufen hauptsächlich durch das Endokard, wo sie die Erregung an Arbeitsmyokardzellen weiterleiten. Einige Purkinje-Fasern reichen tiefer in das Arbeitsmyokard hinein (allerdings selten tiefer als ein Drittel der Wanddicke der Ventrikel). Das bedeutet, dass die Erregung der Ventrikel (mit Ausnahme des Septums) im Endokard beginnt und sich von dort bis auf das Epikard ausbreitet (siehe Abbildung 5). Die schnelle Erregungsweiterleitung im Purkinje-Netzwerk ermöglicht die gleichzeitige Erregung des nahezu gesamten ventrikulären Arbeitsmyokards. Wie bereits erwähnt, findet die nachfolgende Erregungsweiterleitung innerhalb des Arbeitsmyokards von einer Myokardzelle zur nächsten statt, was jedoch viel langsamer geschieht (0,4 m/s).

Abbildung 5. Schematische Darstellung der Ventrikelwand. Zu beachten ist, dass der Begriff Myokard häufig verwendet wird, um sich auf alle Schichten zu beziehen.
Abbildung 5. Schematische Darstellung der Ventrikelwand. Zu beachten ist, dass der Begriff Myokard häufig verwendet wird, um sich auf alle Schichten zu beziehen.

Einflüsse des autonomen Nervensystems

Der Nervus vagus versorgt das Herz mit parasympathischen Fasern. Diese Fasern innervieren hauptsächlich den Sinusknoten und den AV-Knoten. Ein erhöhter Vagotonus führt zu einer verlangsamten Automatizität des Sinusknotens und ebenfalls zu einer verlangsamten Weiterleitung durch den AV-Knoten. Dies führt zu einer niedrigeren Herzfrequenz (und einer verstärkten Verzögerung durch den AV-Knoten, die vernachlässigbar ist). Starke Vagusstimulation kann die Aktivität des Sinusknotens tatsächlich derart hemmen, dass keine spontane Erregung entsteht, woraufhin es zu Synkopen (plötzlicher Bewusstseinsverlust) kommen kann. Wie oben beschrieben, werden daraufhin in der Regel untergeordnete Schrittmacherzentren einspringen und die Erzeugung von Aktionspotentialen übernehmen, bis sich der Sinusknoten erholt.

Sympathische Fasern innervieren das gesamte Herz, sowohl das Reizleitungssystem als auch das Arbeitsmyokard. Die Fasern laufen entlang der Blutgefäße und sind im ventrikulären Myokard besonders dicht. Sympathische Stimulation führt zu erhöhter Erregbarkeit in allen Zellen. Das bedeutet, dass eine erhöhte Sympathikusaktivität zu einer erhöhten Herzfrequenz (durch Erhöhung der Automatizität im Sinusknoten), einer erhöhten Kontraktionskraft und einer erhöhten Geschwindigkeit der Impulsleitung führt.

Definition des Herzrhythmus

Ein Rhythmus ist definiert als drei aufeinanderfolgende Herzschläge, die (mehr oder weniger) identische Wellenformen im EKG zeigen. Die Ähnlichkeit der Wellenformen zeigt an, dass die Erregung denselben Ursprung hat. Der Sinusknoten ist unter normalen Umständen das vorherrschende Schrittmacherzentrum und der resultierende Rhythmus wird als Sinusrhythmus bezeichnet. Obwohl es nicht möglich ist, die elektrischen Potentiale des Sinusknotens selbst zu erkennen, gibt es indirekte Hinweise aus dem EKG, die den Ursprung des Rhythmus anzeigen (später diskutiert).

Sollte eine Struktur außerhalb des Sinusknotens ein Aktionspotential ausgeben, das zu einer Erregung des Arbeitsmyokards führt, wird diese Struktur als ektoper Fokus bezeichnet und der entsprechende Herzschlag wird als ektoper Schlag bezeichnet. Ein ektoper Rhythmus tritt auf, wenn drei oder mehr aufeinanderfolgende Herzschläge aus einem ektopen Fokus stammen. Wenn ein ektoper Rhythmus an die Stelle des normalen Sinusrhythmus tritt, wird er als Ersatzrhythmus bezeichnet. Diese Themen werden später ausführlich besprochen.

Schlussfolgerung

Der Herzzyklus beginnt, wenn der Sinusknoten ein Aktionspotential abgibt, das sich durch das Herz ausbreitet. Das Aktionspotential breitet sich in Form elektrischer Erregung durch Zell-zu-Zell-Übertragung aus. Die Erregung breitet sich zunächst über die Internodalbündel und das Bachmann-Bündel in den Vorhöfen aus. Anschließend wird sie im AV-Knoten kurz verzögert, bevor sie — über die Tawara-Schenkel und die Purkinje-Fasern — schnell durch das ventrikuläre Myokard verbreitet wird. Die Kontraktion beginnt, wenn die Erregung auf die Arbeitsmyokardzellen übertragen wird.

Das Aktionspotential besteht aus Depolarisation (Aktivierung) und Repolarisation (Erholung). Dieser Prozess beinhaltet schnelle Veränderungen des Membranpotentials, die durch Ionenströme über die Zellmembran entstehen. Der Ionenfluss gleicht einem elektrischen Strom und diese elektrische Erregung des atrialen und ventrikulären Arbeitsmyokards wird über Elektroden auf der Haut aufgezeichnet und analysiert. Ziel der EKG-Interpretation ist es, diese elektrischen Ströme zu entschlüsseln.

Interessierte Leser können das nachstehende Wiggers-Diagramm studieren. Es zeigt den Zusammenhang zwischen EKG, Druck und Volumen im Herzen während des Herzzyklus an.

Ein Wiggers-Diagramm ist ein Diagramm, das in der Herzphysiologie verwendet wird, um den Zusammenhang zwischen Aortendruck, Ventrikeldruck, Vorhofdruck, Füllungsvolumen und EKG-Kurve zu veranschaulichen.
Abbildung 6. Ein Wiggers-Diagramm ist ein Diagramm, das in der Herzphysiologie verwendet wird, um den Zusammenhang zwischen Aortendruck, Ventrikeldruck, Vorhofdruck, Füllungsvolumen und EKG-Kurve zu veranschaulichen.

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