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Interpretation von Herzschrittmacher-EKGs

Die Beurteilung der Herzschrittmacherfunktion erfordert Kenntnis des Schrittmachermodus und eine sorgfältige Analyse der EKG-Aufzeichung. Die meisten modernen Geräte sind in der Lage, EKG-Aufzeichnungen kontinuierlich an cloudbasierte Plattformen zu übertragen, wodurch der Arzt jederzeit intrakardiale EKGs untersuchen kann. Die meisten Kliniker, die Patienten mit Herzschrittmachern begegnen, haben jedoch nur Zugang zu konventionellen Oberflächen-EKGs. Die Fähigkeitkeit, die Herzschrittmacherfunktion zu beurteilen und eine Fehlerbehebung durchzuführen, sollte als grundlegende klinische Fähigkeit angesehen werden.

Die Schrittmacheraktivität kann sichtbar oder unsichtbar sein, je nach Typ des Herzschrittmachers, der intrinsischen Herzaktivität usw. Die kardinale Manifestation des Schrittmachers im Oberflächen-EKG ist das Stimulationsartefakt (Abbildung 1). Bei der atrialen Stimulation geht das Stimulationsartefakt der P-Welle voraus. Bei der ventrikulären Stimulation geht das Stimulationsartefakt dem QRS-Komplex voraus. Wenn beide Kammern stimuliert werden, sind zwei Artefakte zu sehen. Das Stimulationsartefakt ist bei der unipolaren Stimulation größer als bei der bipolaren. Letzteres ergibt ein diskretes Stimulationsartefakt, das in einer oder mehreren Ableitungen sichtbar sein kann.

Abbildung 1. Stimulationsartefakte (rote Pfeile) bei der ventrikulären Stimulation. 25 mm/s.
Abbildung 1. Stimulationsartefakte (rote Pfeile) bei der ventrikulären Stimulation. 25 mm/s.

Neben Stimulationsartefakten zeigen sich bei der ventrikulären Stimulation breite QRS-Komplexe mit Linksschenkelblockmorphologie (d.h. dem Erscheinungsbild eines Linksschenkelblocks). Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass der linke Ventrikel wie beim LSB den depolarisierenden Impuls vom rechten Ventrikel erhält (wo der Herzschrittmacher die Impulse abgibt). Die Depolarisationswelle breitet sich außerhalb des Reizleitungssystems aus, was im Vergleich zur Impulsübertragung innerhalb des Reizleitungssystems (His-Purkinje-Netzwerk) erheblich langsamer ist.

Beurteilung der Herzschrittmacherfunktion

Grundfrequenz

Die Grundfrequenz ist die niedrigste vom Herzschrittmacher zulässige Herzfrequenz; eine intrinsische Herzaktivität unter der Grundfrequenz löst eine Stimulation aus. Die Grundfrequenz wird normalerweise auf 60 Schläge pro Minute eingestellt. Die Grundfrequenz beträgt praktisch immer > 50 Schläge pro Minute, was bedeutet, dass jede Herzfrequenz unter 50 Schlägen pro Minute höchstwahrscheinlich zu einer Stimulation führt. Eine intrinsische Herzfrequenz, die schneller als die Grundfrequenz ist, sollte den Herzschrittmacher inhibieren.

P-Welle

Das Auftreten der P-Welle hängt davon ab, wo die Vorhofelektrode fixiert ist. Typischerweise wird die Vorhofelektrode neben dem rechten Vorhofohr oder an der Vorhofdecke fixiert, was P-Wellen ergibt, die denen im normalen Sinusrhythmus ähnlich sind (d.h. positive P-Wellen in Ableitung II). Wenn die Vorhofelektrode distal im Vorhof platziert wird, kann die Aktivierung in entgegengesetzter Richtung ablaufen, was zu negativen (retrograden) P-Wellen in Ableitung II führt.

QRS-Komplex

Die QRS-Morphologie hängt ebenfalls davon ab, wo der Stimulus abgegeben wird. Typischerweise ist die Elektrodenspitze apikal im rechten Ventrikel fixiert. In dem Fall beginnt die Aktivierung im rechten Ventrikel und breitet sich langsam auf den linken Ventrikel aus. Wie oben erwähnt, ähnelt dies der Situation beim Linksschenkelblock (LSB), was erklärt, warum stimulierte QRS-Komplexe der QRS-Morphologie beim LSB ähneln.

Die Stimulation in anderen Regionen des Ventrikels kann zu einer unterschiedlichen QRS-Morphologie führen. Wenn die Elektrodenspitze im Septum fixiert ist, kann der Impuls tatsächlich in das Reizleitungssystem (His-Purkinje-Netzwerk) gelangen, was zu einer schnellen Impulsübertragung und damit einer kürzeren QRS-Dauer (im Vergleich zur apikalen Stimulation) führt.

Da die ventrikuläre Stimulation zu einer abnormalen Depolarisation führt, wird die Repolarisation ebenfalls abnormal sein, was zu diskordanten ST-T-Strecken führt (d.h. der QRS-Komplex und die T-Welle haben entgegengesetzte Ausrichtungen).

Nachfolgend sind EKG-Aufzeichnungen dargestellt, die diese Aspekte demonstrieren.

Abbildung 2. Atriale Stimulation mit normaler Leitung zu den Ventrikeln über das AV-System. Die Ventrikel werden über das His-Purkinje-Netzwerk depolarisiert, was zu einer normalen QRS-Dauer führt.
Abbildung 2. Atriale Stimulation mit normaler Leitung zu den Ventrikeln über das AV-System. Die Ventrikel werden über das His-Purkinje-Netzwerk depolarisiert, was zu einer normalen QRS-Dauer führt.
Abbildung 3. Die spontane atriale Aktivität wird von der Vorhofelektrode wahrgenommen und löst ventrikuläre Stimulationen aus. Der QRS-Komplex ist aufgrund der ventrikulären Depolarisation, die außerhalb des Reizleitungssystems verläuft, breit.
Abbildung 3. Die spontane atriale Aktivität wird von der Vorhofelektrode wahrgenommen und löst ventrikuläre Stimulationen aus. Der QRS-Komplex ist aufgrund der ventrikulären Depolarisation, die außerhalb des Reizleitungssystems verläuft, breit.
Abbildung 4. Stimulation im rechten Vorhof und im rechten Ventrikel.
Abbildung 4. Stimulation im rechten Vorhof und im rechten Ventrikel.
Abbildung 5. Vorhofflimmern und AV-Block dritten Grades mit ventrikulärer Stimulation.
Abbildung 5. Vorhofflimmern und AV-Block dritten Grades mit ventrikulärer Stimulation.
Abbildung 6. Ein fehlender oder verzögerter Sinusimpuls ruft eine Vorhofstimulation hervor.
Abbildung 6. Ein fehlender oder verzögerter Sinusimpuls ruft eine Vorhofstimulation hervor.
Abbildung 7. AV-Block(blockierte P-Welle), der eine Kammerstimulation auslöst.
Abbildung 7. AV-Block(blockierte P-Welle), der eine Kammerstimulation auslöst.

EKG bei der biventrikulären Stimulation (CRT)

Bei der biventrikulären Stimulation erfolgt die Stimulation sowohl im rechten als auch im linken Ventrikel. Bei gleichzeitiger Vorhofstimulation sind insgesamt drei Stimulationsartefakte im Oberflächen-EKG zu sehen. Die Stimulation des rechten und linken Ventrikels muss nicht genau gleichzeitig erfolgen. Der Zweck des biventrikulären Schrittmachers besteht darin, die ventrikuläre Kontraktion zu synchronisieren. Dieses Schrittmacherverfahren, das auch als kardiale Resynchronisationstherapie (engl. cardiac resynchronization therapy, CRT) bezeichnet wird, reduziert die Morbidität und Mortalität bei chronischer systolischer Herzinsuffizienz mit breitem QRS-Komplex. CRT reduziert jedoch die Morbidität und Mortalität nicht bei Patienten mit einer QRS-Dauer von weniger als 130 msec (1-4).

Fusion und Pseudofusion

Bei einer Fusion wird der Ventrikel gleichzeitig durch den Herzschrittmacherstimulus und den intrinsischen Impuls, der das His-Purkinje-System durchläuft, depolarisiert. Eine Fusion tritt auf, wenn der Herzschrittmacher die intrinsische ventrikuläre Depolarisation nicht wahrnehmen kann. Sie kann auch auftreten, wenn der Herzschrittmacher die intrinsische Depolarisation zu spät wahrnimmt.

Da der Ventrikel sowohl durch den Herzschrittmacherstimulus als auch durch den intrinsischen Impuls aktiviert wird, ähnelt die QRS-Morphologie einer Verschmelzung zwischen einem normalen Schlag und einem stimulierten Schlag (Abbildung 8A).

Abbildung 8. Fusion und Pseudofusion.
Abbildung 8. Fusion und Pseudofusion.

Die Pseudofusion tritt in den gleichen Situationen wie die Fusion auf, aber die Depolarisation durch den Herzschrittmacherstimulus breitet sich nicht durch das Myokard aus (weil es nach Überleitung des intrinsischen Impulses refraktär ist). Es ist ein Stimulationsartefakt zu sehen, aber der QRS-Komplex ist nicht betroffen (Abbildung 8B).

Akuter Myokardinfarkt bei Patienten mit Herzschrittmachern

Eine Vorhofstimulation hat keinen Einfluss auf die QRS- und ST-T-Strecke. Daher beeinflusst eine Vorhofstimulation die Interpretation der Myokardischämie im EKG nicht.

Die Kammerstimulation führt jedoch zu einem breiten QRS-Komplex und sekundären ST-T-Veränderungen, was den Nachweis einer Ischämie erschwert. Wie beim Linksschenkelblock können diese sekundären ST-T-Veränderungen die akute Myokardischämie maskieren oder nachahmen. Es gibt drei Methoden, um dieses Problem anzugehen:

  1. Vorübergehende Inaktivierung des Herzschrittmachers, wenn der Patient eine intrinsische Herzaktivität hat. Dies ermöglicht möglicherweise eine Untersuchung der ST-T-Strecke während der normalen Depolarisation und Repolarisation. Es ist anzumerken, dass das Ausschalten des Herzschrittmachers ein riskantes Verfahren ist und das kardiale Gedächtnis (engl. cardiac memory) auch während einer normalen ventrikulären Depolarisation zu anhaltenden ST-T-Veränderungen führen kann. Kardiales Gedächtnis (auch T-Wellen-Gedächnis) bedeutet, dass ST-T-Veränderungen, die während der Schrittmacherstimulation beobachtet werden, für einen Zeitraum anhalten, nachdem der Schrittmacher inaktiviert wurde.
  2. Vergleich der aktuelle EKG-Aufzeichnung mit früheren Aufzeichnungen, um ST-T-Veränderungen zu beurteilen. Solche Veränderungen können auf eine aktuelle Ischämie hindeuten.
  3. Verwendung der Sgarbossa-Kriterien, obwohl diese noch nicht für Schrittmacherrhythmen validiert wurden.

Fehlfunktionen des Herzschrittmachers, einschließlich deren EKG-Interpretation, werden im nächsten Kapitel diskutiert.

Referenzen

  1. Ruschitzka et al (N Engl J Med 2013; 369:1395-1405) – Cardiac-Resynchronization Therapy in Heart Failure with a Narrow QRS Complex
  2. Goldenberg et al (N Engl J Med 2014; 370:1694-1701) – Survival with Cardiac-Resynchronization Therapy in Mild Heart Failure
  3. Tang et al (N Engl J Med 2010; 363:2385-2395 – Cardiac-Resynchronization Therapy for Mild-to-Moderate Heart Failure
  4. Moss et al (N Engl J Med 2009; 361:1329-1338) – Cardiac-Resynchronization Therapy for the Prevention of Heart-Failure Events.

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