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Digoxin (Digitalis) – EKG-Veränderungen, Arrhythmien, Leitungsstörungen & Behandlung

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EKG-Veränderungen, die durch Digoxin (Digitalis) verursacht werden: Arrhythmien, Leitungsstörungen und Veränderungen der Wellenform

Digoxin kann bei Patienten mit Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern, Vorhofflattern und in ausgewählten Fällen bei paroxysmaler supraventrikulärer Tachykardie angewendet werden. Aufgrund seiner tiefgreifenden pro-arrhythmischen Wirkungen und des Mangels an überzeugenden Daten über Morbiditäts- und Mortalitätsvorteile wurde Digoxin wiederholt aus dem Behandlungsrepertoire ausgeschlossen. Es ist jedoch immer wieder zurückgekehrt und wird immer noch bei Patienten angewendet, bei denen mit Erstlinientherapien keine zufriedenstellende Wirkung erzielt werden konnte. Darüber hinaus wird Digoxin in der Notfallsituation häufig verwendet, um die ventrikuläre Rate während einer supraventrikulären Tachykardie (z.B. Vorhofflimmern) zu verlangsamen. Da Digoxin lebensbedrohliche Arrhythmien verursachen kann, sollten häufige Digoxin-assoziierte EKG-Veränderungen und Arrhythmien von Personen im Gesundheitsdienst erkannt werden.

Auswirkungen von Digoxin auf die Herzfunktion und das EKG

Digoxin hat eine positiv inotrope Wirkung und eine negativ chronotrope Wirkung, was bedeutet, dass es die ventrikuläre Kontraktilität erhöht, aber die Herzfrequenz senkt. Der positiv inotrope Effekt beruht auf der Hemmung der Natrium-Kalium-Adenosin-Triphosphatase (NAK-ATPase) im ventrikulären Myokard. Die Hemmung der Na-K-ATPase führt zu einer erhöhten intrazellulären Natriumkonzentration, die den Natrium-Kalzium-Austauscher so beeinflusst, dass letztendlich die intrazelluläre Kalziumkonzentration zunimmt. Dies stellt den kontraktilen Proteinen mehr Kalzium zur Verfügung, die daher stärkere Kontraktionen erzeugen. Die Senkung der Herzfrequenz ist auf eine erhöhte Vagusaktivität zurückzuführen, die durch Digoxin verursacht wird. Eine erhöhte Vagusaktivität verringert die Automatizität im Sinusknoten (was die Herzfrequenz senkt) und verlangsamt auch die Überleitung über den atrioventrikulären (AV-) Knoten.

Der klassische EKG-Befund sind generalisierte ST-Streckensenkungen mit gekrümmter ST-Strecke (generalisiert bedeutet, dass die Senkungen in den meisten EKG-Ableitungen auftreten). Siehe auch Abbildung 1.

Abbildung 1. ST-Streckensenkung aufgrund einer Digoxin-Behandlung.
Abbildung 1. ST-Streckensenkung aufgrund einer Digoxin-Behandlung.

Unerwünschte Effekte von Digoxin

Die Inzidenz von Nebenwirkungen ist aufgrund des engen therapeutischen Index des Arzneimittels hoch. Digoxin ist sehr pro-arrhythmisch, was bedeutet, dass es die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Arrhythmien erhöht. Dies erklärt sich aus dem Anstieg des intrazellulären Kalziumspiegels, der eine Verkürzung des Aktionspotenzials bewirkt. Digoxin verkürzt das Aktionspotenzial in allen Herzzellen, sowohl in den Vorhöfen als auch in den Ventrikeln. Dies erhöht die Automatizität in Zellen mit natürlicher Automatizität, kann aber auch eine abnormale Automatizität in Zellen hervorrufen, die diese normalerweise nicht haben. Die Wirkung auf die Automatizität sollte vom Effekt auf die Impulsleitung unterschieden werden, da Digoxin die Impulsleitung verlangsamt.

Es ist wichtig anzumerken, dass der Zusammenhang zwischen EKG-Veränderungen und dem Risiko von Arrhythmien schwach ist. Daher können Arrhythmien ohne EKG-Veränderungen auftreten und umgekehrt (d.h. EKG-Veränderungen können auch ausgeprägt sein, ohne dass Arrhythmien auftreten). Plasmaspiegel > 2 ng/ml gelten als Überdosierung. Arrhythmien können jedoch auch bei Plasmaspiegeln unter 2 ng/ml auftreten, ebenso wie Arrhythmien bei höheren Plasmaspiegeln auch nicht auftreten mögen. Daher ist Digoxin in Bezug auf das Arrhythmie-Risiko eher unvorhersehbar.

Hypokaliämie potenziert den Digoxin-Effekt

Eine Hypokaliämie potenziert immer die pro-arrhythmischen Effekte von Digoxin. Der Kaliumspiegel sollte bei Patienten unter Digoxin, die ärztliche Hilfe aufsuchen, immer untersucht werden. Bei einer Hypokaliämie können Arrhythmien bereits bei therapeutischen Digoxin-Plasmaspiegeln auftreten.

Durch Digoxin verursachte Arrhythmien

Digoxin kann praktisch alle bekannten Arrhythmien verursachen. Keine der EKG-Veränderungen oder Arrhythmien tritt jedoch einzig bei Digoxin auf. Man sollte bei Patienten unter Digoxin dieses immer als Auslöser einer Arrhythmie vermuten, wenn Hinweise auf eine erhöhte Automatizität und eine verminderte Impulsleitung vorliegen. Eine Erklärung folgt:

  • Eine erhöhte Automatizität tritt sowohl in den Vorhöfen als auch in den Ventrikeln auf. Dies äußert sich zunächst in vorzeitigen Schlägen (supraventrikuläre oder ventrikuläre Extrasystolen), die als frühes Zeichen einer Überdosierung gelten. Bei höheren Plasmaspiegeln können atriale Tachyarrhythmien und ventrikuläre Tachyarrhythmien auftreten. Eine junktionale Tachykardie ist seltener. Ventrikuläre Arrhythmien treten in der Regel bei höheren Plasmaspiegeln auf.
  • Eine verminderte Impulsleitung kann sich als Verlängerung der PQ-Dauer, als atrioventrikulärer (AV-) Block (der normalerweise herzfrequenzabhängig ist) oder als sinoatrialer (SA-) Block (der normalerweise vorübergehend ist) manifestieren.

Der typische Patient mit Digoxin-Überdosierung stellt sich mit Extrasystolen und verschiedenen Graden von AV-Block vor.

Es kann auch eine ziemlich eigenartige Form der ventrikulären Tachykardie kann bei Digoxinintoxikation auftreten, nämlich die bidirektionale ventrikuläre Tachykardie. Diese Art der ventrikulären Tachykardie weist eine elektrische Achse auf, die sich von einem Schlag zum nächsten von links nach rechts verschiebt. Abbildung 2 (Szentpali et al) zeigt ein Beispiel einer bidirektionalen ventrikulären Tachykardie.

Abbildung 2. Bidirektionale ventrikuläre Tachykardie
Abbildung 2. Bidirektionale ventrikuläre Tachykardie

Tabelle 1. Digoxin-Effekte auf Rhythmus und Reizleitung

Wirkung auf den sinoatrialen (SA) KnotenDigoxin verstärkt die Vagusaktivität, was die Automatizität im Sinusknoten verringert.
P-WelleKeine klinisch signifikanter Effekt.
AV-System (AV-Knoten, His-Bündel, Purkinje-System)Digoxin verstärkt die Vagusaktivität, was die Reizleitung über den AV-Knoten verlangsamt. Digoxin wirkt sich auch direkt auf die AV-Überleitung aus und verlangsamt diese. Dies führt zu einer Verlängerung der PQ-Dauer, was als Normalbefund angesehen wird, sofern sie nicht stark verlängert ist. AV-Blöcke zweiten und dritten Grades sind ein Hinweis auf eine Intoxikation.

Die Automatizität ist im gesamten AV-System erhöht (AV-Knoten, His-Bündel, Purkinje-Fasern).
QRS-KomplexKeine Wirkung.
ST-StreckeST-Streckensenkungen mit gekrümmtem Aussehen (Abbildung 1).
T-WelleDie T-Wellen-Amplitude nimmt typischerweise ab. Der initiale Teil der T-Welle kann negativ sein, der letztere Teil ist jedoch überwiegend positiv (daher kann die T-Welle biphasisch/diphasisch erscheinen). Die T-Welle kann auch vollständig invertiert (negativ) sein. Letzteres tritt häufiger bei Überdosierung auf.
U-WelleErhöhte Amplitude
QT (QTc) -DauerEine Verkürzung der QT-Dauer tritt in therapeutischen Dosen auf.
ArrhythmieDigoxin ist extrem pro-arrhythmogen und kann praktisch alle bekannten Arrhythmien und Leitungsstörungen verursachen. Die Arrhythmien/Leitungsstörungen, die nicht durch Digoxin verursacht werden, sind Folgende: AV-Block zweiten Grades Typ 2, Vorhofflattern, Schenkelblock. Man sollte besonders misstrauisch sein, wenn Hinweise auf eine erhöhte Automatizität und eine gleichzeitig verminderte Impulsleitung vorliegen (z.B. AV-Block)

Ventrikuläre Extrasystolen sind die häufigsten Arrhythmien. Sie sind ein Marker für ein erhöhtes Risiko für ventrikuläre Tachykardien, idioventrikulären Rhythmus und Kammerflimmern. Ventrikuläre Extrasystolen können unifokal oder multifokal sein. Sie treten häufig in Bigemini oder Trigemini auf. AV-Blöcke sind ebenfalls sehr häufig, ebenso wie Vorhofflimmern.
Tabelle 1. Digoxin-Effekte auf Rhythmus und Reizleitung

Referenzen

Ziff et al. Safety and efficacy of digoxin: systematic review and meta-analysis of observational and controlled trial data. BMJ 2015;351:h4451

Sacks et al. Paradigm Shifts in Heart-Failure Therapy — A Timeline. N Engl J Med 2014; 371:989-991

Szentpáli et al. Primary electrical disorder or primary cardiomyopathy? A case with a unique association of noncompaction cardiomyopathy and cathecolaminergic polymorphic ventricular tachycardia caused by ryanodine receptor mutation. Circulation. 2013 Mar 12;127(10):1165-6.

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