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  1. Klinische Elektrokardiographie und EKG-Interpretation
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  2. Arrhythmologie
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  3. Koronare (Ischämische) Herzkrankheit, akuten Koronarsyndromen und Myokardinfarkt
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  4. Leitungsverzögerung: AV-Blöcke, Schenkelblöcke, Faszikelblöcke
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  9. Herzschrittmacher und Herzgeräte crt icd
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  10. Pädiatrisches und neonatales EKG
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Koronare Herzkrankheit (ischämische Herzkrankheit)

Die koronare Herzkrankheit (gleichbedeutend mit ischämischer Herzkrankheit) ist die häufigste Form von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist sie die Haupttodesursache in westlichen und einkommensstarken Ländern, wobei sie etwa 20% aller Todesfälle in diesen Regionen verursacht. Die Mortalitäts- und Letalitätsraten von koronarer Herzkrankheit erreichten in den 1970er Jahren ihren Höhepunkt und sind seitdem stetig zurückgegangen. Der eindeutige Rückgang der Mortalität und Letalität lässt sich höchstwahrscheinlich durch erfolgreiche Strategien der Primarprävention erklären, so zum Beispiel sinkende Raucherquoten, gezielte Senkung der Blutfette mit Statinen und umfangreiche Behandlung von Bluthochdruck. Die koronare Herzkrankheit ist jedoch in den meisten Regionen weltweit nach wie vor die Haupttodesursache.

The New England Journal of Medicine, 1812. Remarks on Angina Pectoris by John Warren

The remarkable facts, that the paroxysm, or indeed the disease itself, is excited more especially upon walking up hill, and after a meal; that thus excited, it is accompanied with a sensation, which threatens instant death if the motion is persisted in; and, that on stopping, the distress immediately abates, or altogether subsides; have . . . formed a constituent part of the character of Angina Pectoris.

John Warren, 1812

Atherosklerose: Die Ursache der koronaren Herzkrankheit

Die zugrunde liegende Ursache der koronaren Herzkrankheit ist Atherosklerose, eine chronisch entzündliche Erkrankung der Arterien. In den letzten Jahrzehnten ist immer deutlicher geworden, dass Atherosklerose nicht durch passive Lipidablagerungen in die Koronararterienwände verursacht wird. Stattdessen ist Atherosklerose eine Krankheit, bei der das Immunsystem eine aktive Entzündung innerhalb der Arterienwand unterhält und Lipide (insbesondere LDL-Cholesterin) eine Schlüsselrolle spielen. Wenn die Entzündung und die Lipidablagerung fortschreiten, bildet sich in der Arterienwand eine atherosklerotische Plaque.

Solche atherosklerotischen Plaques beginnen sich früh in der Kindheit zu entwickeln, und im mittleren Alter haben die meisten Menschen einen gewissen Grad an Atherosklerose in den Koronararterien. Atherosklerotische Plaques in späteren Stadien enthalten Entzündungszellen, glatte Muskelzellen, extrazelluläre Matrix, Lipide und Zelldetritus. Das Zusammenspiel von Entzündungen und Risikofaktoren (Rauchen, Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Diabetes usw.) verändert die Progressionsrate der atherosklerotischen Plaque. Je mehr Entzündungen und Risikofaktoren, desto aggressiver ist die Atherosklerose. Darüber hinaus verändern Entzündungen und Risikofaktoren auch das Risiko einer Destabilisierung der Plaque. Atherosklerotische Plaques sind empfindlich und können rupturieren, was letztendlich zum Tod führen kann.

Wenn die atherosklerotische Plaque an Größe zunimmt, wölbt sie sich in das Arterienlumen hinein und verursacht Stenosen (Verkleinerung des Arterienlumens). Die Verkleinerung des Arterienlumens beeinträchtigt die Durchblutung. Dies kann Symptome in Situationen mit erhöhter kardialer Belastung (körperliche Bewegung) verursachen, da die verstärkte Arbeitsbelastung zu einem erhöhten Sauerstoffbedarf führt. Die Stenose jedoch begrenzt das Blutvolumen, das dem Myokard über die atherosklerotische Arterie zugeführt werden kann. Immer wenn der Sauerstoffbedarf die Sauerstoffversorgung (über das Blut) übersteigt, tritt eine Ischämie auf, die sich in Form von Brustschmerzen manifestiert. Diese Symptomatik wird als Angina pectoris bezeichnet. Wenn die körperliche Aktivität endet, sinkt der Sauerstoffbedarf des Myokards allmählich wieder und die Symptome verschwinden innerhalb von Minuten. Stabile Koronarplaques verursachen ab einer bestimmten Belastungsintensität Symptome, die innerhalb von Minuten nach Beendigung der Aktivität wieder verschwinden. Je größer die Stenose ist, desto geringere Belastung ist nötig, um eine Myokardischämie und entsprechende Symptome hervorzurufen.

Angina pectoris: Das Kennzeichen der koronaren Herzkrankheit

Angina pectoris ist das Kardinalsymptom der koronaren Herzkrankheit. Sie tritt auf, wenn das Myokard ischämisch wird. Typischerweise wird sie als diffuser Schmerz hinter der vorderen Brustwand beschrieben. Der Schmerz kann als Druck, Krampf oder Quetschgefühl erfahren werden. Außerdem kann er entweder auf Arm, Nacken, Rücken oder Schulter ausstrahlen. Angina pectoris wird oft von Atemnot (Dyspnoe) begleitet. Wenn diese Symptome über die Zeit stabil sind, wird die Erkrankung als stabile Angina pectoris eingestuft, was bedeutet, dass die koronare Herzkrankheit signifikant, aber stabil ist. Patienten mit stabiler Angina pectoris leiden nur in Situationen mit erhöhter Myokardbelastung unter Brustschmerzen und die Symptome klingen ab, wenn die Arbeitsbelastung endet.

Am typischsten ist Angina pectoris, die durch körperliche Belastung oder psychischen Stress hervorgerufen wird. Beide Situationen erhöhen die Herzfrequenz und die Arbeitsbelastung, was in der Folge eine Myokardischämie verursacht. Wichtig ist, dass bei einer stabilen Angina pectoris die Symptome innerhalb von Minuten in Ruhe oder nach Verabreichung von Nitroglycerin abklingen. Außerdem muss das Ausmaß der körperlichen Aktivität, das Angina pectoris auslöst, in den Wochen zuvor stabil sein. Einzelheiten zur Bewertung von Patienten mit Brustschmerzen finden Sie unter “Vorgehen bei Patienten mit Brustschmerzen”.

Die Größe der Koronarplaques nimmt mit der Zeit zu. Dies führt zu einer verstärkten Stenose (das arterielle Lumen wird enger) und damit zu ausgeprägteren Symptomen (d.h. Symptome bereits bei geringeren Myokardbelastungen). Untersuchungen der letzten Jahre haben insbesondere gezeigt, dass eine intensive Statinbehandlung dieses Fortschreiten verlangsamen, hemmen oder sogar umkehren kann (JUPITER, Ridker et al).

Atherosklerotische Plaques sind empfindlich: Schäden verursachen akute Koronarsyndrome und Myokardinfarkt

Die bedrohlichste Situation tritt auf, wenn die atherosklerotische Plaque entweder durch Ruptur oder durch Erosion des Endothels, das die Plaque bedeckt, beschädigt wird. Dies ist in der Regel das Ergebnis einer ausgedehnten Entzündung innerhalb der Plaque. Wie oben erwähnt, beherbergt die Plaque (Immun-)Entzündungszellen, die eine chronische Entzündung innerhalb der Plaque aufrechterhalten. Eine chronische Entzündung destabilisiert die Plaque und führt letztendlich zu einer Ruptur oder einer Erosion. Eine beschädigte Plaque setzt thrombogene Substanzen frei, die sich in der Arterienwand befinden (z.B. Kollagen). Solche thrombogenen Substanzen aktivieren Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren im Blut, was wiederum zur Bildung eines Thrombus führt (Atherothrombose; Bildung eines Thrombus innerhalb einer Arterie). Dieser Prozess dauert höchstens einige Minuten. Der Thrombus verschließt die Arterie entweder ganz oder teilweise. In beiden Fällen führt die plötzliche Verringerung des arteriellen Blutflusses zu einer Myokardischämie. Diese Art von Ischämie ist typischerweise sehr schwerwiegend und verursacht anhaltende Brustschmerzen, die nicht durch Ruhe oder Nitroglycerin gelindert werden können. Dieses akute Krankheitsbild, in dem eine rupturierte/erodierte atherosklerotische Plaque eine Atherothrombose mit anschließender schwerer Myokardischämie verursacht, wird als akutes Koronarsyndrom bezeichnet. Siehe Abbildung 1.

Abbildung 1. Eine atherosklerotische Plaque, die rupturiert ist und zu einer Atherothrombose geführt hat.
Abbildung 1. Eine atherosklerotische Plaque, die rupturiert ist und zu einer Atherothrombose geführt hat.

Akutes Koronarsyndrom und Myokardinfarkt

Wie oben erwähnt, tritt ein akutes Koronarsyndrom auf, wenn der koronare Blutfluss aufgrund einer Atherothrombose plötzlich und in starkem Ausmaß reduziert wird. Das von der verschlossenen Arterie versorgte Myokard wird sofort ischämisch. Wenn der Blutfluss nicht schnell wiederhergestellt wird, entwickelt sich der ischämische Bereich zu einem Infarkt (Nekrose), was einen irreversiblen Zelltod bedeutet. Der Infarkt wird im Bereich mit der stärksten Ischämie beginnen und sich von dort aus allmählich ausdehnen. Wenn die Arterie vollständig verschlossen ist (d.h. kein Blutfluss mehr vorhanden ist), ist das gesamte ischämische Myokard innerhalb von 2 bis 12 Stunden tot. Die Größe des ischämischen/nekrotischen Bereichs korreliert stark mit dem Risiko von Herzinsuffizienz, malignen ventrikulären Arrhythmien und anderen Komplikationen. Das Risiko für maligne ventrikuläre Arrhythmien (ventrikuläre Tachykardie, Kammerflimmern) ist in der hyperakuten Phase (innerhalb der ersten Stunde) am höchsten. Da die meisten Patienten erst verzögert medizinische Hilfe in Anspruch nehmen, ereignet sich ein Großteil der Todesfälle bereits vor der Ankunft im Krankenhaus. Dies bedeutet auch, dass die bloße Ankunft im Krankenhaus auf eine gute Prognose hinweist.

Es sollte angemerkt werden, dass der oben beschriebene natürliche Verlauf – d.h. das Fortschreiten von einer stabilen koronaren Herzkrankheit zu einem akuten Myokardinfarkt – nicht allgemeingültig ist. Die Mehrzahl der Patienten mit koronarer Herzkrankheit entwickelt niemals ein akutes Koronarsyndrom. Auf der anderen Seite entwickeln einige Patienten einen akuten Myokardinfarkt als Erstmanifestation einer koronaren Herzkrankheit. Darüber hinaus hat die überwiegende Mehrheit der Menschen mittleren und höheren Alters einen gewissen Grad an Atherosklerose, aber nur bei einer Minderheit wird dies zu einer symptomatischen Herzerkrankung führen (mehr dazu weiter unten).

Risikofaktoren für koronare Herzkrankheit und akuten Myokardinfarkt

Die Risikofaktoren der koronaren Herzkrankheit gehören zu den am intensivsten erforschten Bereichen der Medizin. Tausende von Studien, die von Genomik bis hin zu landesweiten epidemiologischen Studien reichen, haben Risikofaktoren der koronaren Herzkrankheit aufgedeckt. Die INTERHEART Studie verdient besondere Erwähnung, da sie in 52 Ländern auf allen Kontinenten durchgeführt wurde. Die INTERHEART-Studie zeigte, dass mehr als 90% des Gesamtrisikos, einen akuten Myokardinfarkt zu entwickeln, durch neun einfache modifizierbare Risikofaktoren erklärt wurden. Dies galt für Männer und Frauen in allen 52 Ländern. Daraus folgt, dass die überwiegende Mehrheit aller Myokardinfarkte verhindert werden kann, wenn diese Risikofaktoren reduziert werden. Die INTERHEART Studie war eine Kehrtwende, da früher angenommen wurde, dass nur 50% des Risikos beeinflussbar sei. Praktisch alle Studien haben gezeigt, dass die wichtigsten Risikofaktoren Hyperlipidämie (hohe Blutfette), Rauchen, arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) und Diabetes sind. Weitere signifikante Risikofaktoren sind abdominale (bauchbetonte) Fettleibigkeit, psychosozialer Stress, geringe körperliche Aktivität, geringer Verzehr von Obst und Gemüse usw. Wichtig ist, dass Hyperlipidämie (manchmal auch als Dyslipidämie bezeichnet) und Rauchen 66% des Myokardinfarktrisikos ausmachen.

Tabelle 1: Risikofaktoren für akuten Myokardinfarkt (INTERHEART)

RISIKOFAKTORRELATIVES RISIKO
Hyperlipidämie3,25
Rauchen (aktuell)2,87
Diabetes2,37
Hypertonie1,91
Abdominale Adipositas1.62
Psychosozialer Stress2.67
Täglicher Konsum von Gemüse und Obst0,7
Körperliche Bewegung0,86
Alkoholkonsum0,91
Risikofaktoren für akuten Myokardinfarkt (INTERHEART)

So interpretieren Sie die Zahlen: Hyperlipidämie z.B. ist mit einem relativen Risiko von 3,25 assoziiert. Das bedeutet, dass eine Hyperlipidämie im Vergleich zu normalen Blutfetten mit einem 3,25-fachen Risiko für einen akuten Myokardinfarkt verbunden ist.

Hyperlipidämie verdient besondere Erwähnung, da die Erkrankung sehr häufig und leicht zu behandeln ist. Wie in Tabelle 1 erwähnt, ist die Hyperlipidämie mit dem 3,25-fachen relativen Risiko für einen akuten Myokardinfarkt assoziiert. Tatsächlich sind Lipidspiegel im Blut in jeder Größenordnung mit dem Risiko eines Myokardinfarkt assoziiert. Je niedriger die Lipidspiegel sind, desto geringer ist das Risiko eines Myokardinfarkts. Zu beachten ist, dass Blutfette in Lipoproteinkomplexen transportiert werden, bei denen es sich um große kugelförmige Komplexe handelt, die aus Lipiden und Proteinen bestehen. Es werden also die Lipoproteine gemessen, um die Blutfettwerte zu bewerten. Es gibt zahlreiche Arten von Lipoproteinen, wie LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, VLDL-Cholesterin usw. LDL (engl. low-density lipoprotein, Lipoprotein geringer Dichte) ist in diesem Zusammenhang das wichtigste Lipoprotein; Je höher das LDL-Cholesterin ist, desto aggressiver verläuft der atherosklerotische Prozess.

Der Body Mass Index (BMI) ist im Vergleich zu abdominaler Adipositas nicht so stark mit dem Risiko eines akuten Myokardinfarkts verbunden. Psychosozialer Stress (wirtschaftlicher Stress, Stress am Arbeitsplatz, Depression, häuslicher Stress) ist vergleichbar mit Bluthochdruck und abdominaler Fettleibigkeit. Raucher haben im Vergleich zu Nichtrauchern ein um das 2,87-Fache erhöhtes Myokardinfarktrisiko. Dabei kommt es auch stark auf das Ausmaß des Rauchens an: Eine bis fünf Zigaretten pro Tag erhöhen das Infarktrisiko um 40%. 20 Zigaretten pro Tag hingegen erhöhen das Risiko um 400% (d.h. 4-mal so großes Risiko wie bei Nichtrauchern).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die überwiegende Mehrheit der Myokardinfarkte verhindert werden kann. Mehr als 90% des Risikos lässt sich durch veränderbare Risikofaktoren erklären. Praktisch alle Risikofaktoren können mit evidenzbasierten, preisgünstigen und leicht verfügbaren Medikamenten behandelt werden.

Das EKG bei ischämischer Herzkrankheit

Das EKG ist ein unschätzbares Instrument bei der Diagnostik von akuter und chronischer Myokardischämie. Eine optimale Nutzung des EKGs liefert Informationen zu Diagnose, Prognose und geeigneten Behandlungen. Bei akuter Ischämie liefter das EKG auch Informationen über das Ausmaß, die Lokalisation und den Zeitverlauf der Ischämie. Dies ist ziemlich bemerkenswert, da eine EKG-Aufzeichnung etwa 10 US-Dollar kostet.

Da die Ischämie hauptsächlich die Repolarisation des Myokards beeinflusst, führt dies zu Veränderungen der ST-Strecke und der T-Welle (zusammenfassend als ST-T-Veränderungen bezeichnet). Die klassischen ST-T-Veränderungen sind ST-Segment-Senkung, ST-Segment-Hebung, T-Wellen-Inversion (d. h. negative T-Wellen), Abflachung der T-Wellen oder T-Wellen mit erhöhter Amplitude. Beachten Sie, dass ST-Senkungen, ST-Hebungen und T-Welleninversionen absolut nicht spezifisch für Myokardischämie sind. Im klinischen Zusammenhang mit Brustschmerzen deuten diese ST-T-Veränderungen jedoch stark auf eine Myokardischämie hin. Eine sorgfältige Untersuchung der Morphologie der ST-T-Veränderungen führt in der Regel zu einer endgültigen Diagnose. Beachten Sie außerdem, dass das EKG eine oder auch mehrere dieser ST-T-Veränderungen zeigen kann. Die Lokalisation, der zeitliche Verlauf und das Ausmaß der Ischämie sind entscheidend dafür, welche EKG-Veränderungen auftreten. Die EKG-Veränderungen in der frühen Phase der Ischämie unterscheiden sich von den Veränderungen in späten Phasen.

Der Infarkt hingegen beeinflusst die Depolarisation des Myokards (einfach gesagt, depolarisieren tote Myokardzellen nicht), was den QRS-Komplex beeinflusst. Der charakteristischste Befund sind pathologisch tiefe Q-Zacken (als Pardee-Q bezeichnet). Andere häufige Befunde sind eine verringerte R-Zackenamplitude (aufgrund des Verlustes an lebensfähigem Myokard) und fragmentierte oder eingekerbte QRS-Komplexe.

Verwendung des EKGs zur Klassifizierung von Stadien der koronaren Herzkrankheit

Das EKG wird verwendet, um alle Phasen der koronaren Herzkrankheit zu klassifizieren. Insbesondere wird es auch genutzt, um die Behandlung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom zu steuern. EKG-Merkmale (ST-T-Veränderungen, QRS-Veränderungen, Kriterien usw.) von Ischämie und Infarkt werden in den folgenden Kapiteln ausführlich diskutiert. An dieser Stelle sei nur Folgendes bemerkt:

  1. Eine stabile koronare Herzkrankheit (stabile Angina pectoris) verursacht keine ST-T-Veränderungen in Ruhe. Um ischämische ST-T-Veränderungen aufzudecken, muss der Patient einem Belastungs-EKG unterzogen werden. Der Zweck des Belastungs-EKGs besteht darin, während der EKG-Aufzeichnung eine Ischämie (und daher ST-T-Veränderungen) zu provozieren.
  2. Wenn eine Person mit stabiler koronarer Herzkrankheit QRS-Veränderungen zeigt (pathologische Q-Zacken, fragmentierte QRS-Komplexe, reduzierte R-Zackenamplitude), deutet dies stark auf einen Myokardinfarkt in der Vergangenheit hin.
  3. Im Falle eines akuten Koronarsyndroms wird das EKG verwendet, um das Syndrom in STE-ACS und NSTE-ACS zu klassifizieren. Diese Unterteilung ist von grundlegender Bedeutung, da sie das Management und die sofortige Behandlung beeinflusst.
    • STE-ACS (ST Elevation Acute Coronary Syndrome): Akute Koronarsyndrome mit ST-Hebungen im EKG werden als STE-ACS klassifiziert. Nahezu all diese Patienten entwickeln einen Myokardinfarkt, der dann als STEMI (ST Elevation Myocardial Infarction, ST-Strecken-Hebungsinfarkt) eingestuft wird.
    • NSTE-ACS (Non-ST Elevation Acute Coronary Syndrome): Akute Koronarsyndrome ohne ST-Hebungen im EKG werden als NSTE-ACS klassifiziert. Wenn der Patient einen Myokardinfarkt entwickelt, wird der Zustand als NSTEMI (Non-ST Elevation Myocardial Infarction, Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt) klassifiziert. Wenn der Patient keinen Infarkt entwickelt, wird der Zustand als instabile Angina pectoris eingestuft.

Eine Verkettung unglücklicher Umstände

Obwohl die Mehrheit der Erwachsenen in Ländern mit hohem Einkommen einen gewissen Grad an Atherosklerose aufweist, beträgt die jährliche Inzidenz akuter Koronarsyndrome bei Personen im Alter von 40 Jahren oder älter nur 0,2 bis 1,0%. Daher ist das jährliche Risiko, ein akutes Koronarsyndrom zu entwickeln, sehr gering. Studien zeigen, dass die Mehrzahl der Plaqueschäden (Rupturen, Erosionen) nicht zu akuten Koronarsyndromen führen, obwohl sie eine Thrombose verursachen. Interessanterweise scheinen Plaqueschäden und daraus resultierende Thrombosen recht häufige Ereignisse zu sein, die meist asymptomatisch verlaufen. Darüber hinaus zeigen Studien, dass diese asymptomatischen Ereignisse ein Mechanismus zu sein scheinen, der das Fortschreiten der Plaque vorantreibt (Zunahme des Plaquevolumens). Daher sind akute Koronarsyndrome ziemlich seltene Folgen von Plaqueschäden.

Ein großer Teil der Forschung weist darauf hin, dass akute Koronarsyndrome nur dann auftreten, wenn die Plaqueschäden in einem bestimmten Moment auftreten, in dem prothrombotische Faktoren antithrombotische Faktoren im Blut überwiegen. Beispiele für solche Faktoren sind der Thrombozytenspiegel, die Thrombozytenreaktivität, Verfügbarkeit von Fibrinogen, Grad der systemischen Entzündung, Verfügbarkeit von Gerinnungsfaktoren usw. Diese Faktoren variieren im Tagesverlauf und werden auch durch äußere Faktoren wie Stress, Ernährung, Medikamente, Toxine (Rauchen, Luftverschmutzung) usw. beeinflusst. Studien zeigen, dass es eine zirkadiane Variation der Aktivität von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten gibt, die in den Morgenstunden höher ist. Dies erklärt vermutlich, warum die Inzidenz des akuten Myokardinfarkts in den Morgenstunden höher ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gleichgewicht zwischen prothrombotischen und antithrombotischen Faktoren von einer Minute zur anderen variiert und darüber entscheidet, ob eine Plaqueruptur/-erosion zu einer okklusiven Atherothrombose führt.

Die Morphologie atherosklerotischer Plaques scheint dynamisch zu sein. Studien mit IVUS (intravaskulärer Ultraschall) zeigen, dass sich die Mehrheit der Hoch-Risiko-Plaques (große Plaques mit dünner fibröser Kappe) im Laufe der Zeit (innerhalb eines Jahres) tendenziell zu stabileren Plaques umwandelt und umgekehrt (stabile Plaques entwickeln sich tendenziell zu instabileren Formen). IVUS-Studien zeigen auch, dass eine intensive Statintherapie sehr wahrscheinlich das Fortschreiten der Plaques hemmt und sogar reversibel macht.

Es liegt die Frage nahe, ob der Grad der Stenose ein Risikofaktor für akute Koronarsyndrome ist. Einige Studien haben gezeigt, dass große Plaques mit einem höheren Risiko für akute Koronarsyndrome verbunden sind, während andere Studien dies nicht bestätigen konnten. Weitere Studien zeigen, dass die Mehrzahl der akuten Koronarsyndrome bei Plaques mit mäßiger Stenose auftritt. Daher bleibt diese Frage unbeantwortet. Es ist jedoch sehr klar, dass das Ausmaß der Entzündung in der Plaque entscheidend ist. Je größer die Entzündung (unabhängig vom Plaquevolumen), desto größer ist das Risiko einer Ruptur und der Entwicklung eines akuten Koronarsyndroms.

Von allen akuten Koronarsyndromen verursachen Plaquerupturen 60 – 75%, während Plaqueerosionen 35 – 40% verursachen. Das Ausmaß der Atherosklerose ist bei Menschen, die akute Koronarsyndrome entwickeln, sehr unterschiedlich. Ungefähr 5 – 10% leiden an einer Erkrankung (d.h. Stenose) des Hauptstamms der linken Koronararterie (LMCA) ; 20% haben eine Ein-Gefäß-Erkrankung; 30% haben eine Zwei-Gefäß-Erkrankung und 40% haben eine Drei-Gefäß-Erkrankung.

Literatur

P. Libby: The changing landscape of atherosclerosis. Nature (2021).

P. Libby: Mechanisms of Acute Coronary Syndromes and Their Implications for Therapy. NEJM (2013).

Arbab-Zadeh et al: Acute Coronary Events; Circulation 2012

Ridker et al. Rosuvastatin to Prevent Vascular Events in Men and Women with Elevated C-Reactive Protein. The New England Journal of Medicine.

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