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Intraventrikuläre Reizleitungsstörung: Konstellationen von Schenkelblöcken und Faszikelblöcken (Hemiblöcken)

In diesem Kapitel werden wir intraventrikuläre Reizleitungsstörungen besprechen, die durch funktionelle oder anatomische Defekte in den Komponenten des intraventrikulären Reizleitungssystems verursacht werden. Da das Reizleitungssystem für eine schnelle und synchronisierte Aktivierung der Ventrikel entscheidend ist, führen Reizleitungsstörungen typischerweise zu einer abnormale Kammererregung (Kontraktion). Deren Bedeutung hängt von der Schwere der Reizleitungsstörung und des betroffenen Ventrikels ab. Im Allgemeinen ist eine Reizleitungsstörung im linken Ventrikel im Vergleich zu einer Störung im rechten Ventrikel schwerwiegender. Dies liegt daran, dass der linke Ventrikel gegen einen größeren Widerstand pumpt und jegliche Störung der Kammererregung den Wirkungsgrad der Pumpfunktion verringern wird. Die primären EKG-Manifestationen von Reizleitungsstörungen sind verlängerte QRS-Komplexe und ein verändertes QRS-Aussehen. Diese Konzepte werden in diesem und den nachfolgenden Artikeln ausführlich besprochen. Die Begriffe intranventrikuläre Reizleitungsstörung und intranventrikuläre Reizleitungsverzögerung können synonym verwendet werden.

Normale und abnormale intraventrikuläre Impulsleitung

Das intraventrikuläre Reizleitungssystem besteht aus dem His-Purkinje-System. Genauer gesagt besteht dieses System aus dem His-Bündel, dem linken und rechte Tawara-Schenkel sowie den Faszikeln des linken Tawara-Schenkels (Abbildung 1). Das interventrikuläre Septum erhält Purkinje-Fasern aus dem linken Tawara-Schenkel. Der rechte Tawara-Schenkel gibt während seiner Passage durch das Septum keine Purkinje-Fasern ab. Die Purkinje-Fasern des rechten Tawara-Schenkels zweigen auf Höhe des Ursprungs des vorderen Papillarmuskels ab. Ein Netzwerk von Purkinje-Fasern sprießt aus den Tawara-Schenkeln und Faszikeln heraus und breitet sich durch das ventrikuläre Endokard aus. Die Impulsleitung durch das Purkinje-Netzwerk ist sehr schnell (4 m/s), wodurch die überwiegende Mehrheit des ventrikulären Myokards ungefähr gleichzeitig depolarisiert werden kann.

Abbildung 1 zeigt die Komponenten des Reizleitungssystems. Reizleitungsstörungen im atrioventrikulären (AV-) Knoten und im His-Bündel im vorherigen Kapitel diskutiert wurden. In den diesem und den nächsten Kapiteln werden Reizleitungsstörungen in den Tawara-Schenkeln und den Faszikeln erläutert.

Abbildung 1. Komponenten des ventrikulären Reizleitungssystems und die zeitliche Assoziation zwischen dem EKG und der Impulsübertragung durch das Herz. Eine intraventrikuläre Reizleitungsstörung kann auftreten, wenn eine der Hauptkomponenten des Reizleitungssystems nicht funktionsfähig ist.
Abbildung 1. Komponenten des ventrikulären Reizleitungssystems und die zeitliche Assoziation zwischen dem EKG und der Impulsübertragung durch das Herz. Eine intraventrikuläre Reizleitungsstörung kann auftreten, wenn eine der Hauptkomponenten des Reizleitungssystems nicht funktionsfähig ist.

Reizleitungsstörungen in den Tawara-Schenkeln und/oder Faszikeln verursachen charakteristische EKG-Veränderungen. Die verschiedenen EKG-Veränderungen, die auftreten können, sind wie folgt:

  • Erweiterung des QRS-Komplexes – Anatomische oder funktionelle Blöcke in den Tawara-Schenkeln oder Faszikeln können den Impuls vollständig blockieren. Ein solcher Block im linken Tawara-Schenkel wird einfach als Linksschenkelblock (LSB, engl. left bundel branch block, LBBB) bezeichnet. Die Folge des Linksschenkelblocks ist, dass der linke Ventrikel durch Impulse, die vom rechten Ventrikel stammen, depolarisiert wird. Diese Impulse breiten sich teilweise oder vollständig außerhalb des Reizleitungssystems durch den rechten Ventrikel aus, was langsam ist und daher einen breiten QRS-Komplex verursacht. In ähnlicher Weise verursacht ein Block im rechten Tawara-Schenkel einen Rechtsschenkelblock. Hier wird der rechte Ventrikel durch Impulse, die sich vom linken Ventrikel ausbreiten, depolarisiert. Dies wird ebenfalls zu einem breiten QRS-Komplex führen.
  • Veränderte QRS-Morphologie – Da die normale Depolarisationssequenz bei Schenkel- und Faszikelblöcken verändert ist, ändert sich auch die QRS-Morphologie. Bei jedem dieser Blöcke wird die QRS-Morphologie ein charakteristisches Aussehen haben, was die Diagnose häufig ziemlich einfach macht.
  • Veränderte elektrische Achse — Veränderungen der Depolarisationssequenz können auch die elektrischen Vektoren und damit die elektrische Achse verändern.

Überblick über Schenkelblöcke und Faszikelblöcke

Schenkelblöcke (Rechts- und Linksschenkelblock)

Ein anatomischer oder funktioneller Block im linken Tawara-Schenkel verursacht einen Linksschenkelblock (LSB). In ähnlicher Weise verursacht ein Block im rechten Tawara-Schenkel einen Rechtsschenkelblock (RSB). Die Ventrikel, deren Tawara-Schenkel defekt ist, werden von Impulsen depolarisiert, die sich vom gegenüberliegenden Ventrikel ausbreiten. Dies führt zu charakteristischen EKG-Veränderungen, die in Abbildung 2 dargestellt sind.

Abbildung 2. Eigenschaften von Schenkelblöcken. (A): EKG-Kennzeichen des Rechtsschenkelblocks (RSB). (B): EKG-Kennzeichen des Linksschenkelblock (LSB). Beachte, dass das Kennzeichen beider Zustände der breite QRS-Komplex ist (QRS-Dauer 0,12 s oder länger). Die abnormale Depolarisation führt zu sekundär abnormaler Repolarisation mit ST-T-Veränderungen. Wie oben gesehen folgen den positiven QRS-Komplexen negative ST-T-Strecken, und vice versa.

EKG-Veränderungen im Rechtsschenkelblock (RSB) und Linksschenkelblock (LSB)

Der Rechtsschenkelblock (Abbildung 2, Panel A) ist durch eine zweite R-Welle (mit R’ bezeichnet) in V1 gekennzeichnet, welcher der Ableitung V1 einen rSR’ Komplex verleiht. In Ableitung V6 ist eine breite und tiefe S-Welle zu erkennen. Beim Linksschenkelblock zeigt sich in V1 eine tiefe S-Welle und in V6 ist eine breite und plumpe R-Welle sichtbar (Abbildung 2, Panel B). Wichtig ist, dass die QRS-Dauer in beiden Schenkelblöcken mindestens 0,12 Sekunden beträgt. Darüber hinaus gibt es immer sekundäre ST-T-Veränderungen in diesen Ableitungen, so dass die ST-T-Strecke zum QRS-Komplex diskordant ist (QRS und ST-T haben entgegengesetzte Richtungen). Folglich sind ST-Streckenhebungen und ST-Streckesenkungen bei Schenkelblöcken zu erwarten.

Kompletter vs. inkompletter Schenkelblock

Der komplette Schenkelblock hat eine QRS-Dauer ≥ 0,12 Sekunden, während der inkomplette Schenkelblock eine QRS-Dauer <0,12 Sekunden hat. Inkomplette Schenkelblöcke sind jedoch auch von Bedeutung, da sie dazu neigen, zu kompletten Schenkelblöcken zu werden.

Prognose von Schenkelblöcken

Der Rechtsschenkelblock bei asymptomatischen Personen korreliert nicht mit nachteiligem Outcome. Andererseits kann ein neu aufgetretener Rechtsschenkelblock bei Patienten mit Brustschmerzen auf eine Okklusion in der LAD hinweisen. Nicht zuletzt kann ein neuer Rechtsschenkelblock bei Patienten mit Dyspnoe (insbesondere wenn akut) auch auf eine Lungenembolie hinweisen. In den allermeisten Fällen ist der Rechtsschenkelblock jedoch ein benigner Befund mit geringen oder gar keinen Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Prognose.

Der Linksschenkelblock ist immer pathologisch und typischerweise eine Folge von Ischämie oder strukturellen Herzerkrankungen.

Abbildung 3 zeigt einen detaillierten EKG-Vergleich der Schenkel- und Faszikelblöcke. Diese Abbildung ist von großer Bedeutung.

Abbildung 3. Überblick über Kriterien und EKG-Veränderungen bei Schenkel- und Faszikelblöcken. All diese intraventrikulären Reizleitungsstörungen sind häufig und daher wichtig zu erkennen.
Abbildung 3. Überblick über Kriterien und EKG-Veränderungen bei Schenkel- und Faszikelblöcken. All diese intraventrikulären Reizleitungsstörungen sind häufig und daher wichtig zu erkennen.

Faszikelblock (Hemiblock)

Ein anatomischer oder funktioneller Block in einem Faszikel verursacht einen Faszikelblock. Dies wurde früher als Hemiblock bezeichnet. Eine Blockierung im anterioren Faszikel wird als linksanteriorer Faszikelblock (LAFB) bezeichnet, eine Blockierung im posterioren Faszikel wird als linksposteriorer Faszikelblock (LPFB) bezeichnet.

Faszikelblöcke können isoliert oder gleichzeitig mit dem Rechtsschenkelblock auftreten. Isolierte LAFB ist häufig, während isolierte LPFB sehr ungewöhnlich sind.

Im Gegensatz zu Schenkelblöcken verursachen Faszikelblöcke nur eine leichte Verlängerung der QRS-Dauer; sie wird jedoch nicht ≥0,12 Sekunden. Mit anderen Worten beträgt die QRS-Intervall bei Faszikelblöcken immer <0,12 s, es sei denn, es liegt ein gleichzeitiger Schenkelblock vor.

Bifaszikulärer Block

Wie oben erwähnt, kann der Faszikelblock von einem Rechtsschenkelblock begleitet sein. Diese Kombination wird als bifazikulärer Block bezeichnet. Der häufigste bifazikulärer Block ist der Rechtsschenkelblock mit linksanteriorem Faszikelblock (RSB+ LAFB). Ein Rechtsschenkelblock mit gleichzeitigem linksposteriorem Faszikelblock (RBBB+ LPFB) ist ungewöhnlich. Die gleichzeitige Blockierung beider Faszikel (LPFB + LAFB) entspricht einem Linksschenkelblock (LSB).

RSB + LAFB

Diese Kombination ist ziemlich häufig und wird durch ein typisches RSB-Muster in V1 und V6 zusammen mit dem LAFB-Muster in Ableitung II, III und aVF erkannt. Die QRS-Intervall ≥0,12 Sekunden. Die elektrische Achse beträgt —45° bis —120° (Achsenabweichung nach links).

RSB + LPFB

Diese Kombination ist ungewöhnlich. Sie kann nur diagnostiziert werden, wenn keine rechtsventrikuläre Hypertrophie vorliegt. Ableitung V1 zeigt das RSB-Muster, während in Ableitung aVL und I das LPFB-Muster zu sehen ist. Die QRS-Dauer beträgt ≥0,12 Sekunden. Es gibt eine Achsenabweichung nach rechts.

Trifaszikulärer Block

Nach MacFarlane et al (Comprehensive Electrokardiology, Springer, 2010) ist der trifaszikuläre Block als bifazikulärer Block mit gleichzeitigem AV-Block ersten oder zweiten Grades definiert. Der Begriff trifaszikulärer Block sollte jedoch nicht verwendet werden, da er mehr Verwirrung als Klarheit verursacht. Es wird empfohlen, dass jede Leitungsstörung separat angegeben wird.

Bilateraler Schenkelblock

Der Begriff bilateraler Schenkelblock hat auch einige Verwirrung in der Literatur verursacht. Laut MacFarlane et al ist der bilaterale Schenkelblock definiert als vollständiger Schenkelblock (RSB oder LSB) mit gleichzeitigem AV-Block ersten oder zweiten Grades. Wie beim trifazikulären Block sollte dieser Begriff vermieden werden. Stattdessen sollte jede Störung separat beschrieben werden.

Alternierender Schenkelblock

Das EKG kann zwischen LSB und RSB alternieren. Dies hat eine schlechte Prognose, da das Risiko, einen AV-Block dritten Grades zu entwickeln, hoch ist. Das Risiko eines Übergangs zum AV-Block dritten Grades ist besonders hoch, wenn gleichzeitig ein AV-Block ersten Grades vorliegt.

Intermittierender Schenkelblock

Sporadisch auftretende Schenkelblöcke sind häufig, insbesondere bei Tachykardie (siehe Artikel über aberrante Überleitung).

Dies war ein kurzer Überblick über die Verzögerungen der intraventrikulären Reizweiterleitung. Jeder dieser Reizleitungsstörungen wird in den folgenden Artikeln ausführlich besprochen:

Ein separater Artikel ist dem Linksschenkelblock (LSB) bei der Diagnose eines akuten Myokardinfarkt gewidmet:

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